BundesratStenographisches Protokoll757. Sitzung / Seite 82

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Herr Kollege Matznetter! Herr Staatssekretär, es ist gut, dass Sie sich jetzt gerade durch einen Zwischenruf zu Wort gemeldet haben: Eines verstehe ich ja betreffend das Finanzministerium seit einiger Zeit nicht mehr, nämlich diese „Einnahmenverweige­rung“! Das ist eine paradoxe Situation: Das Finanzministerium verweigert Einnahmen, und umgekehrt kommt sogar ein Veto des Vorgängers des jetzigen Finanzministers, damit besonders viel ausgegeben und teuer gekauft wird – ich erwähne nur das Stich­wort Eurofighter. Man muss doch im Finanzministerium wissen: Was haben wir im Auge? Haben wir im Auge, die besonders Reichen zu fördern – oder haben wir die Staatskassa im Auge, haben wir im Auge, soziale Gerechtigkeit herbeizuführen?

Kollege Perhab, jetzt werden Sie wahrscheinlich den nächsten Zwischenruf machen, nämlich: Ja, aber das ist ja Mittelstandsförderung! – Es gibt diese Schimäre des öster­reichischen Mittelstandes und dass der Mittelstand in Österreich ein so unglaubliches Vermögen entwickelt hat und wir deswegen die Schenkungssteuer und die Erbschafts­steuer abschaffen müssen, weil unser Mittelstand so prächtig zu entwickeln ist.

Wissen Sie, dass 10 Prozent der Bevölkerung in Österreich 70 Prozent des gesamten Vermögens besitzen, und dass 1 Prozent von diesen 10 Prozent über ein Drittel des ganzen Vermögens gehört? – Und genau das, was Sie heute beschließen, liebe Kolle­gen und Kolleginnen, entlastet ... (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.) – Aber das ist doch Quatsch mit Soße, Kollege – erlauben Sie mir hier einen etwas „leichte­ren“ Ausdruck. Sie entlasten heute jene 10 Prozent, die 70 Prozent des österreichi­schen Gesamtvermögens besitzen. Da muss ich Ihnen wirklich „gratulieren“! Das ist eine unfassbare sozialpolitische und steuerpolitische Maßnahme!

Jetzt sagen Sie – das sagt übrigens die SPÖ, das sagen Sie nicht –, der Verfassungs­gerichtshof ist schuld, er hat ja die Erbschaftssteuer aufgehoben. – Ja, wofür haben wir denn eine Regierung, wenn nicht dafür, dass sie sich überlegt, wie man eine gerechte­re Erbschaftssteuer zustande bringt?!

Wie wenig der Mittelstand dieses Vermögen hat, das hier geschenkt oder vererbt wird, zeigt Folgendes – das wird der Herr Staatssekretär, der ja alle Zahlen bestens kennt, bestätigen müssen –: Meine Damen und Herren, im Jahre 2006 waren es fünf – ich buchstabiere: f-ü-n-f, fünf! – Erbschaften beziehungsweise Schenkungen, die 23 Pro­zent der Summe eingebracht haben, die im Finanzministerium unter diesem Titel ver­bucht wurde. – „Super“! „Super“! Wo ist denn da der Mittelstand, der hier zur Kassa ge­beten wird?

Meine Damen und Herren, wir sind weit davon entfernt, dass unser Steuersystem einen sozialen Ausgleich in dieser Republik schafft, auch weil jene, die die Chance ha­ben, Geld zu parken, Geld möglichst steuerschonend zu verwalten, jene sind, die oh­nedies alle Möglichkeiten haben.

Finanzminister Lacina hat das Stiftungsgesetz seinerzeit aus anderen Gründen einge­führt, als es heute – missbräuchlich – verwendet wird. Es ist meiner Meinung nach nur mehr ein Missbrauch, denn mit diesem Gesetz, sage ich Ihnen ganz ehrlich, würde Da­gobert Duck seinen Geldspeicher nicht mehr in Amerika haben, sondern er wäre schon längst – so wie der Herr Flick damals (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) – nach Öster­reich gekommen, denn in den USA oder in der Schweiz müsste er zahlen: Nein, gehen wir nach Österreich, denn da müssen wir nichts zahlen! (Zwischenrufe der Bundesräte Edgar Mayer und Perhab.)

Dann für die Zinsen in den Stiftungen: 12,5 Prozent. Und wenn die Begünstigten – ich habe einmal gehört, dass Wlaschek alle seine geschiedenen Frauen in dieser Stiftung drinnen hat – dann aus dieser Stiftung etwas beziehen, werden diese 12,5 Prozent auch noch von der Steuer angerechnet! Ich muss Ihnen sagen, dass sich das ein „nor-


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