BundesratStenographisches Protokoll757. Sitzung / Seite 109

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Ein bemerkenswerter Hinweis des Verfassungsgerichtshofes betrifft die unterschied­liche Rechtsprechung hinsichtlich der Parteistellung der in einen Besetzungsvorschlag aufgenommenen Bewerber. Herr Kollege Kraml hat das schon erwähnt. Es ist tatsäch­lich unbefriedigend, dass die Parteistellung davon abhängig ist, ob man sich jetzt gera­de an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof gewendet hat. Wenngleich es sich nicht um ein länderspezifisches Anliegen handelt, wäre das durch­aus auch möglicher Inhalt einer Entschließung, mit der wir ein entsprechendes Tätig­werden anregen.

Ich komme schon zum Schluss. – In beiden Gerichtshöfen ist es in letzter Zeit zu we­sentlichen personellen Veränderungen gekommen. Im Verwaltungsgerichtshof wurde Herr Professor Dr. Thienel zum Vizepräsidenten bestellt, im Verfassungsgerichtshof Professor Dr. Holzinger zum neuen Präsidenten. Beiden gilt unser herzlicher Gruß und alle guten Wünsche für ihr weiteres Wirken!

Besonders würdigen möchte ich abschließend den ausgeschiedenen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Herrn Professor Dr. Korinek. Seine Standfestigkeit als Wah­rer der Rechtsstaatlichkeit verdient ebenso große Anerkennung wie sein erfolgreiches Bemühen, die Tätigkeit des Gerichtshofes und die Bedeutung der Verfassungsmäßig­keit staatlichen Handelns der Öffentlichkeit vertraut zu machen, denn ohne Grundkon­sens in der Öffentlichkeit, unter den politischen Entscheidungsträgern natürlich ohne­dies, ist der Bestand der Rechtsstaatlichkeit nicht so selbstverständlich, wie wir uns das wünschen. Dafür sind wir ihm zu Dank verpflichtet, den ich ihm zum Abschluss gerne respektvoll entbiete. (Allgemeiner Beifall.)

15.13


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. Ich erteile ihm dieses.

 


15.13.28

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die bei­den Gerichtshöfe, Höchstgerichte, haben bemerkenswerte Berichte vorgelegt, und sie sind als Höchstgerichte auch in einer bemerkenswerten, herausragenden Stellung in unserer Republik, und es ist ihnen auch höchster Respekt zu zollen. Immerhin ist der Verfassungsgerichtshof Hüter unserer Verfassung, oder in Zeiten wie diesen könnte man auch sagen: der Schiedsrichter, der Spielleiter, der über Gewaltenteilung wie auch über die Aufgabenteilung und den korrekten Umgang mit der Verfassung wacht und auch urteilt.

Insofern sind beide Berichte spannend, weil man doch sieht, in welch steigender An­zahl Fälle an die beiden Höchstgerichte herangetragen werden. Das zeigt natürlich auch, dass vielleicht in der Konstruktion nicht immer alles richtig läuft. Wir haben eine Verfahrensdauer von – ich glaube, Kollege Kraml hat das gesagt – achteinviertel Mo­naten. Wenn man beide Gerichtshöfe betrachtet, muss man sagen: Acht Monate plus und 20 Monate plus beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer, und 20 Monate plus ist eine verdammt lange Zeit am Verwaltungsgerichtshof.

Wenn man bedenkt, dass über 3 500 Fälle am Verwaltungsgerichtshof länger als ein Jahr anhängig sind, so fragt man sich: Wie lange muss ein Beschwerdeführer warten, bis seine Sache einer Erledigung zugeführt wird?

Es gibt in diesem Zusammenhang ein paar bemerkenswerte Dinge. So äußert etwa der Verfassungsgerichtshof eine tiefe Verwunderung darüber – und ich kann diese Ver­wunderung wirklich nachempfinden –, dass der Bund häufig als Beschwerdeführer we­gen Verletzung von Rechten, wegen Anwendung verfassungswidriger Bundesgesetze oder Anwendung gesetzeswidriger Verordnungen durch Bundesbehörden auftritt. Das sind Behauptungen, mit denen der Bund über die eigene Durchführung durch Bundes-


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