BundesratStenographisches Protokoll757. Sitzung / Seite 110

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behörden sich an den Verfassungsgerichtshof wendet und die Prüfung dieser Bundes­gesetze und der eigenen Verordnungen anregt.

Da wäre wahrscheinlich eine sorgfältigere Arbeit in der Legislative angebracht, damit der Bund nicht ständig seine eigenen Gesetze und Verordnungen und deren Anwen­dung durch eigene Behörden beim Verfassungsgerichtshof überprüfen lassen muss. Das ist doch eine sehr seltsame Vorgangsweise und erinnert fast schon ein bisschen an Schildbürgerei.

Das Zweite, was der Verfassungsgerichtshof kritisiert – Kollege Weiss hat es ange­sprochen –, ist, dass es in einzelnen Fällen durch die Post – aber nicht nur durch die Post, lieber Jürgen Weiss; du hast die Post erwähnt, aber die Post ist nicht immer der Böse – zu Verzögerungen kommt. Es geben nämlich Behörden, Bundesbehörden und Landesbehörden, die Kundmachungen von Aufhebungen von Rechtsvorschriften nicht zeitgerecht bekannt, und dafür ist eine Frist von vier Wochen einzuhalten. Und Bun­des- und Landesbehörden sind hier immer wieder säumig.

Zum anderen sagt der Verfassungsgerichtshof auch ganz klar, dass es ein zunehmen­des Ausmaß von Beschwerden gegen Bescheide gibt, die beim Verwaltungsgerichts­hof nicht zulässig sind. Das kann es ja auch nicht sein in unserer Gesamtkonstruktion! Das heißt, hier brauchen wir Bereinigungen, dass solche Bescheide künftig der Kon­trolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen werden können.

Ich glaube, wir sollten das sehr, sehr ernst nehmen, denn das Funktionieren der Höchstgerichte ist eines der ganz wichtigen Dinge in einem Rechtsstaat. Es kann nicht Ziel eines Rechtsstaates sein, dass die Höchstgerichte lawinenartig mit Fällen aus dem Asylrecht und dem Fremdenrecht geradezu überfahren werden. Wir haben hier ein tat­sächliches Problem. Wir haben 2007 bis 2008 zwischen 4 000 und 6 000 Fälle allein beim Verwaltungsgerichtshof. Und der Verfassungsgerichtshof, der durch die – meine Damen und Herren der Regierung, ich muss das leider mit diesen Worten bezeich­nen – unglückliche Konstruktion des Asylgerichtshofes nun fast in einer ähnlichen Wei­se lahmgelegt wird – weil es ja die Instanz Verwaltungsgerichtshof nicht mehr gibt und uns die Vizepräsidenten bereits gesagt haben, dass wir nicht nur eine Explosion bei den Asylbescheiden haben, die bei den Höchstgerichten landen, sondern mittlerweile auch beim Fremdenrecht, und dass das Fremdenrecht derzeit bereits im gleichen Aus­maß anhängig ist –, wird durch diese Konstruktion bezüglich seiner Arbeitsweise in einen SOS-Bereich gebracht.

Bedenkt man gleichzeitig, dass bis 2011 – bis 2011! – der Verwaltungsgerichtshof noch immer anhängige Asylverfahren abarbeiten muss und nun, 2008, der Verfas­sungsgerichtshof die neuen übernimmt, so sind beide Höchstgerichte mit einem Über­maß an solchen Fällen beschäftigt. Und Höchstgerichte haben nicht nur die Aufgabe, Asyl- und Fremdenrecht zu beurteilen, sondern eine ganze Reihe anderer Aufgaben auch.

Wenn man sieht, wie der Verfassungsgerichtshof nun versucht, von seinen zwölf Rich­tern im Grunde drei für Asyl- und Fremdenrecht, plus zusätzlich elf nichtrichterliche Be­amte, bereitzustellen in Erwartung dessen, was hier kommt, und wenn man bedenkt, dass im Verwaltungsgerichtshof allein vier Senate durch Asylfragen blockiert sind, muss man sich einmal die Dimension dessen vorstellen, was wir hier legislativ in Öster­reich im Fremden- und im Asylrecht „angerichtet“ haben, dass wir ununterbrochen die Höchstgerichte bemühen. Hier bedarf es eines generellen Umdenkens, und die wieder aufgekommene Bleiberecht-Debatte und so weiter ist mehr denn wichtig und auch si­cherlich im Sinne der Höchstgerichte.

Meine Damen und Herren, es ist bei diesem Bericht des Verfassungsgerichtshofes et­was Außergewöhnliches passiert. Der Verfassungsgerichtshof, der ja vom Ansehen


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