BundesratStenographisches Protokoll757. Sitzung / Seite 124

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die Buben in die Mädchenrichtung. Frau Staatssekretärin Marek hat es ja heute am Vormittag schon gesagt, das ist diese geschlechterstereotype Jugendausbildung.

Ja, ich unterstütze es durchaus, Mädchen dazu zu animieren, sich für naturwissen­schaftliche und technische Berufe verstärkt zu interessieren und diese zu ergreifen. Man muss aber auch zur Kenntnis nehmen, wenn sie das nicht wollen oder wenn sie es nicht können. Wir können diejenigen fördern, die Automechanikerinnen werden wol­len. Da hat es ja in der Vergangenheit leider wirklich Diskriminierungen gegeben, denn diese Mädchen hatten es sehr schwer, eine Lehrstelle – um beim Thema des Vormit­tags zu bleiben – zu finden, aber es kann kein Muss sein. Es schaut manchmal so aus, dass man sie so ein bisschen in diese Richtung schiebt, damit sie endlich dort ankom­men, wo wir glauben, dass sie eigentlich hingehören.

Lassen wir den Schuster bei seinem Leisten und diejenigen, die wollen, sollen es ma­chen und dabei auch unterstützt werden. Diejenigen, die es nicht wollen, sollen etwas anderes machen. Frau Staatssekretärin Marek, um Sie noch einmal zitieren zu dürfen; Sie haben es ja heute Vormittag bestätigt: Die Mädchen suchen sich nach wie vor die­se fünf traditionellen – drei bis fünf, darüber können wir jetzt diskutieren – Berufe für Mädchen aus, und die Burschen machen ganz genau das Gleiche.

Wenn wir von Gleichbehandlung reden – jetzt muss ich als Wiener Bundesrätin natür­lich wieder auf Wien Bezug nehmen –, ist das oft eine sehr einseitige Sache. In Wien sind in den Pflichtschulen, vor allem in den Volksschulen, 98 Prozent der Direktoren weiblich. Es fehlen aber vielen Buben mittlerweile – das wissen wir, 60 Prozent Schei­dungsquote in Wien, 50 Prozent in Österreich – die männlichen Rollenvorbilder. Und trotzdem passiert es nicht nach der Gleichbehandlung oder nach dem Gleichheits­grundsatz, auch was das Gesetz betrifft, dass man sagt, man muss die Frauen bei glei­cher Qualifikation positiv fördern, bis 50 Prozent in etwa erreicht sind. Wir sprechen im­mer auch von der Qualifikation; das findet bei Männern so nicht statt.

Ich bin selber im Kollegium des Stadtschulrates und ich war nicht nur einmal in der Si­tuation zu entscheiden. Es gab zwei gleich Qualifizierte, einen Mann und eine Frau, wo ich dann immer sagte, da könnten wir jetzt würfeln, wer besser ist. Trotzdem ist es, ob­wohl es in diesem Bereich ein starkes Übergewicht an Frauen gibt, nicht der Mann ge­worden. Ich meine, wenn wir von Gleichbehandlung sprechen, dann darf das auch kei­ne Einbahnstraße sein, dann muss man immer dort, wo eben ein Ungleichgewicht ist, in beide Richtungen gehen.

Das Gleichbehandlungsgesetz ist zwar sicher gut gemeint, aber es entsteht eine neue Diskriminierung dadurch, dass sich plötzlich Arbeitsverhältnisse verkomplizieren. Man kann eben nicht mit jedem; das kann man oft gar nicht begründen. Es stimmt die Che­mie nicht oder man ist mit der Arbeitsweise jemandes nicht einverstanden – oder was auch immer.

Ich finde es nicht richtig, wenn dann jemand hergehen und sagen kann: Aufgrund mei­ner religiösen Ausrichtung, meiner ethnischen Zugehörigkeit oder meiner körperlichen Merkmale bin ich diskriminiert worden!

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass dort, wo Menschen miteinander leben, Menschen miteinander nicht können. Also ich möchte keinem Gesetz zustimmen, das zwar in guter Absicht und in gutem Glauben entstanden ist, aber damit eine neue Dis­kriminierung gefördert beziehungsweise einer neuen Diskriminierung Tür und Tor ge­öffnet wird. (Beifall der Bundesräte Herbert und Ing. Kampl.)

16.16


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Frau Staatssekretärin Ma­rek. – Bitte.

 


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