BundesratStenographisches Protokoll760. Sitzung / Seite 96

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

periode 2010 bis 2012 rund 500 Millionen € kosten. Dieses Geld wird den Universitäten und dem Ausbau des tertiären Bildungssektors insgesamt allerdings angesichts der Budgetspielräume für einen weiteren Ausbau fehlen.

Die Abschaffung der Studienbeiträge an den Universitäten bei gleichzeitiger Beibehal­tung der Beiträge an den Fachhochschulen verursacht eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Fachhochschulen. Jene Bundesländer mit Universitäts- und/oder Fach­hoch­schulstandorten engagieren sich sehr am Auf- und Ausbau von tertiären Bildungs­einrichtungen. Zu befürchten ist eine weitere finanzielle Abwälzung von Bundesagen­den zu Lasten der Länderbudgets im tertiären Bereich.

Durch den gesetzlich neu festgelegten Ausbau der Medizineranfängerplätze von 1 500 auf 2 400 Anfängerplätze ist die Qualität – nach übereinstimmenden Aussagen der Medizinischen Universitäten an den drei Medizinunistandorten Wien, Graz und Innsbruck – gefährdet. Eine Beeinträchtigung der medizinischen Ausbildung ist für die Länder als Träger der Krankenanstalten nicht akzeptabel. Weiters ist die sogenannte „Medizinerquote“ – die Sicherstellung von 75 Prozent der Medizinerplätze für Inhaber österreichischer Reifezeugnisse – gefährdet. Wie auch der Innsbrucker Europarechts­experte Walter Obwexer festgestellt hat, „fällt der Hauptrechtfertigungsgrund für die geltende Quotenregelung weg“ und wäre „die ,Reservierung’ von 75 Prozent der Studienplätze für Inhaberinnen und Inhaber in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse EU-rechtlich nicht mehr haltbar“. Österreich entledigt sich damit mit einem Federstrich des wichtigsten Arguments gegenüber der Europäischen Kommission.

Es ist nicht einsichtig, warum auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers (zusätz­liche Kostenbelastung gerechnet auf die Leistungsvereinbarungsperiode 2010 bis 2012 von rund 260 Millionen €) zu Lasten der österreichischen Versorgungssicherheit der deutsche oder europäische Medizinernachwuchs ausgebildet werden soll. Zudem gibt es eine moralische Verpflichtung der politisch Verantwortlichen, den ausreichenden Zugang von Österreichern zum Medizinstudium sicherzustellen.

Das Wegfallen der Zugangsbeschränkungen in den sogenannten „Numerus Clausus-Fächern“ und der Wegfall der Studienbeiträge werden zu einer massiven Belastung der einzelnen Studienstandorte durch Studenten vor allem aus dem deutschen Raum führen.

Auch seitens der Universitäten wurde vor den Auswirkungen dieser Maßnahmen gewarnt. („Fataler ist die Kombination des Erlasses der Studiengebühren mit der Aufhebung der Zugangsbeschränkung in allen Fächern. Diese wird – besonders in einer grenznahen Universität wie der Innsbrucker – zu einer Vermehrung der Massen­fächer führen“ – so Rektor Töchterle, Universität Innsbruck. Für die Rektoren der medizinischen Universitäten Wien und Graz ist die geplante Ausweitung der Studien­plätze für Medizin „nur über die Neugründung einer zusätzlichen Universität in der Größe der heutigen Med-Uni Wien“ machbar. „Eine massive Erhöhung der Zahl der Studierenden wird unweigerlich zu einer Verschlechterung der Ausbildungsqualität führen, wenn nicht alle notwendigen personellen, räumlichen und finanziellen Voraus­setzungen neu dafür geschaffen werden“ – so Betriebsräte der medizinischen Univer­sitäten. „Die Abschaffung der Studiengebühren ist sozial wenig treffsicher und kontra­produktiv. Der Antrag hat miserable legistische Qualität. Damit fährt man die Univer­sitäten an die Wand“ – so Prof. Berka, Mitglied des Wissenschaftsrates.)

Die Aussage des Abgeordneten Broukal: „Die Politik wird immer grundsatzloser ... Bauern, Familien, Pensionisten und Studenten, jeder kriegt noch schnell ein Wahl­geschenk, eine langfristige Perspektive kann ich nicht erkennen“ („profil extra“, Sep­tember 2008) untermauert in eindrucksvoller Offenheit, dass der vorliegende Beschluss des Nationalrates von SPÖ, FPÖ und Grünen lediglich aus wahltaktischen Gründen


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite