BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 29

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reits in groben Zügen erklärt, welche Stoßrichtung das Gesetz hat. Eines ist klar: Das ist alternativenlos.

Wenn nicht jener Krise, die seit dem Konkurs der Bank Lehman Brothers in vollem Ausmaß quer über den Globus ausgebrochen ist, durch eine konzertierte Aktion der In­dustriestaaten Einhalt geboten würde, wären die Konsequenzen für die Realwirtschaft und in der Folge für die Arbeitsplätze dermaßen katastrophal, dass die Folgeaufräum­kosten deutlich höher wären als die enormen Anstrengungen, die wir jetzt zur Bekämp­fung der Krise setzen müssen.

Was erreichen wir mit dem Paket? – Erstens: Die Spareinlagen der Österreicherinnen und Österreicher brauchen einen sicheren Hafen, und es muss auch psychologisch ge­sehen bei der Bevölkerung die Gewissheit gegeben sein, dass ihre Spareinlagen si­cher sind. Daher wird temporär, nämlich bis zum Inkrafttreten einer europaweiten Re­gelung, eine unbeschränkte Haftung für Spareinlagen natürlicher Personen übernom­men, die dann auf 100 000 absinken wird, was die künftige Obergrenze nach der EU-Richtlinie sein soll.

Zweitens: Es wird für die vielen, vielen kleinen Unternehmen im Lande die Einlagen­sicherung von bisher 20 000 € auf 50 000 € angehoben, und zwar für jene kleinen Unternehmen, die nicht schon als natürliche Person oder Einzelunternehmen in die Re­gelung der unbeschränkten Einlagensicherung fallen.

Drittens: Es wurde eine sehr intensive Diskussion über die Fragen geführt: Welche Rolle hat der Staat und welche Rolle hat der Staat nicht? Es gab gestern im Nationalrat ja auch eine intensive Debatte darüber, ob jetzt sozusagen der Anlass dafür ist, hier­über neu nachzudenken.

Vielleicht könnten wir einen Grundsatz in Österreich außer Streit stellen: Dieses Land hat immer – vielleicht mit Ausnahme der kommunistischen Fraktion, die ganz kurze Zeit hier im Nationalrat war – klar eine Planwirtschaft kommunistischen Zuschnitts ab­gelehnt. Das kann nicht funktionieren! Das entartet zu einem Bürokratenstaat, wo am Ende die Bevölkerung leidet, weil kein Mensch auf die Idee kommen kann, zu glauben, man könnte im Fünfjahresplan heute schon berechnen, wann eine Schraube von A nach B transportiert wird.

Wir haben nur nach dem Zusammenbruch im Jahre 1989/90 – 1989/90 ist noch etwas anderes passiert – den zweiten Grundsatz, den wir eigentlich außer Streit gestellt hatten in diesem Lande, vergessen, nämlich dass wir eine Marktwirtschaft wollen, die im Rahmen klarer Spielregeln dafür sorgt, dass Betriebe, die etwas herstellen, eine gute Dienstleistung erbringen, ein optimales Umfeld finden und nicht von außen be­herrscht sein sollen, weder durch Ratingagenturen noch durch Analysten, noch durch die Bedingung, ob irgendein Kurs irgendwo steigt oder fällt. Und auch bei uns kam man in bestimmten Bereichen auf die Idee – und ich nehme niemanden, auch durchaus nicht die in der Regierung befindliche Sozialdemokratie in den neunziger Jahren, da­von aus –, es ist alles gescheiter, was da über den Atlantik kommt, und am besten ist es, wenn in Wirklichkeit alles an irgendwelchen Börsen abgebildet ist. Wir haben vieles an Grundsätzen vergessen.

Gestern hat Nationalratsabgeordneter Amon Keynes als Konservativen abgestempelt. Das stimmt nicht ganz: Keynes war liberaler Abgeordneter. Aber das, was uns Keynes bereits im Jahre 1936 klargemacht hat, war, warum es nicht funktionieren kann, wenn die Spekulation über die Marktwirtschaft entscheidet: weil das Wesen der Spekulation ein zutiefst marktwirtschaftsfeindliches ist. Die Spekulation geht ja nur von der Erwar­tung aus, wie der Durchschnitt der Meinungen morgen sein wird. Und der Unternehmer geht davon aus, welches Produkt er morgen auf den Markt bringen kann.

 


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