BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 42

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den Straßenbau immer sehr viel Geld hineingepfeffert wurde und dass Kosten-Nutzen-Aspekte in diesem Fall immer eher egal waren.

Herr Kollege Klug hat vorhin von der Krise in der Automobilindustrie gesprochen. Ich denke, diese Krise hängt vielleicht auch damit zusammen, dass Energie nicht billiger geworden ist und dass die Automobilindustrie in weiten Bereichen einfach am Konsu­menten vorbeiproduziert. Möglicherweise wäre da auch ein Umdenken der betroffenen Firmen angebracht.

Wie gesagt, die Begründung für meine Ablehnung heute ist, dass Systemänderungen nicht vorgesehen sind – zumindest für mich nicht sichtbar vorgesehen sind, weder in der aktuellen Finanzmarktkrise noch in den bevorstehenden Krisen, die wir schon an­gesprochen haben.

Kollege Kneifel hat am Anfang gesagt: Das ist eine Sanierung und eine Reparatur des Problems. – Das ist genau das Problem, das ich sehe, nämlich dass wir ein kaputtes Sparschwein nicht flicken, bevor wir wieder Geld hineinwerfen. Auch die moralischen Vorträge über die bösen Spekulanten werden uns nicht weiterhelfen, wenn nicht end­lich einmal auch Gesetze geschaffen werden, die diese Spekulationen verhindern.

Ich glaube, ehrlich gestanden, nicht daran, dass die ÖVP oder der Herr Finanzminis­ter – oder wer auch immer dann den Finanzminister stellen wird, das wissen wir noch nicht – insofern geläutert ist, dass da ein großes Umdenken stattfindet und dass man vielleicht plötzlich Vermögen besteuert, das Bankgeheimnis dem EU-Recht anpasst oder vielleicht auch bei Bankkonten in Liechtenstein ein bisschen vorsichtiger ist. Also die große Läuterung ist für mich nicht so wirklich mitgeschwungen.

Wenn ich da zustimmen sollte, dann wäre das ein riesiger Vertrauensvorschuss, insbe­sondere an den Finanzminister. – Ich muss gestehen, dieses Vertrauen habe ich nicht. (Beifall der Bundesräte Dönmez und Schennach.)

15.19


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Bitte.

 


15.20.01

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal trägt einem der Zufall – aber vielleicht gibt es den berühmten Zufall gar nicht – Aktivitäten zu, die gegensätzlicher nicht sein könnten: So habe ich morgen ein Statement abzuge­ben beim Armutsnetzwerk im Rahmen einer Armutsenquete in Linz, und heute stehe ich hier und behandle ein 100-Milliarden-Paket.

So geht es bei mir diese Woche: Morgen werde ich ein Statement vor einer Gruppe von Menschen abgeben, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie man aus der Ar­mutsfalle herauskommt, und die vermutlich nicht mit dem heutigen Tage endend immer zur Antwort bekommen: Dafür haben wir kein Geld!, und jetzt kann ich mit ansehen – eigentlich begrüßenswert auf der anderen Seite –, wie schnell dieses Hilfspaket für die Banken, eine Art Regenschirm, geschnürt wurde, und zwar im Ausmaß von 100 Milliar­den €; europaweit sind es 2 000 Milliarden €.

Mit nur einem Bruchteil dieser Summe wäre die Armut für immer aus Österreich zu ver­bannen. Ich fragte mich letzte Woche öfter: Wie kann es den von der Armut Betroffe­nen morgen sagen, was kann ich ihnen zur Lösung anbieten? Die Menschen fragen sich: Woher kommt plötzlich dieses viele Geld?, und zwar auch jene, die genug haben, um sich ein Sparbuch anlegen zu können, denn das sind noch keine Reichen. Aber bei der Armutskonferenz geht es um jene, die so wenig haben, dass sie gar nicht darüber nachdenken, ob sie sich ein Sparbuch anlegen oder Aktien kaufen oder Geld in Wert-


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