papiere investieren. Doch wir beschließen nahezu bedingungslos ein 100-Milliarden €-Paket. Das ist nahezu eine Perversion: Heute da – morgen dort!
Armut ist ein Leben, um das wahrscheinlich niemand von uns tauschen möchte. Arme haben die schlechtesten Jobs, die niedrigsten Einkommen, die kleinsten und feuchtesten Wohnungen, die krank machendsten, belastendsten, verschleißendsten Tätigkeiten im Beruf, wohnen in den schlechtesten Vierteln und gehen in die geringst ausgestatteten Schulen und haben auch den schlechtesten Gesundheitszustand. Ich führe das bewusst aus, denn es ist Achtsamkeit gefragt bei dem, was wir hier beschließen und was es noch alles zu tun gäbe.
Die von der Statistik erfassten von Armut Bedrohten können sich nicht Kleidung ersetzen, wenn sie abgetragen ist, können im Winter nicht die Wohnung angemessen warm halten, sie können nicht unerwartete Ausgaben tätigen. 460 000 davon – das sind 5,6 Prozent der Wohnbevölkerung – sind davon betroffen, dass sie in feuchten, schimmligen Wohnungen hausen müssen. Ein Viertel der Armutsbevölkerung sind Kinder.
Im Jahre 2006 mussten in Österreich 131 000 Menschen von der Sozialhilfe leben. Manifeste Armut bedeutet Mangel an Möglichkeiten, Mangel an Verwirklichungschancen, bedeutet täglich einen Drahtseilakt, es gerade noch zu schaffen.
Während die ärmsten 800 000 Österreicher fast jeden fünften Euro – das sind 20 Prozent des Einkommens – für Nahrungsmittel ausgeben, sind es für die 800 000 reichsten Österreicher 8 Prozent ihres Einkommens, die sie für Nahrungsmittel ausgeben. Erstere waren von der jüngsten Teuerungswelle am stärksten betroffen.
Das Arbeitslosensgeld ist seit dem Jahr 2000 real – das heißt: inflationsbereinigt – um 4 Prozent gesunken. Die Notstandshilfe – obwohl es sich um eine Versicherungsleistung handelt, insofern ist der Begriff „Notstandshilfe“ eine Irreleitung – ist um 7,6 Prozent gesunken.
Laut EU-SILC-Studie gibt es in Österreich 84 000 Vollzeitbeschäftigte, die weniger als 1 000 € brutto im Monat verdienen. Und wenn man mit 1 000 € im Monat auskommen muss, dann kann man nichts aufs Sparbuch legen.
Eine weitere Gruppe, die von Armut tief betroffen ist und denen unser „Regenschirm“ nicht hilft, weil sie bereits im Regen stehen, sind jene Menschen, die sich auf die kapitalgedeckte Altersversorgung in Form von Pensionskassen verlassen haben. Und es gibt Prophezeiungen, zum Beispiel von der Arbeiterkammer, dass das Jahr 2008 zum „Waterloo“ der Pensionskassen zu werden droht. Pensionisten und Arbeitnehmer müssen für die Verluste büßen. Es zeigen sich jetzt die Tücken der kapitalgedeckten Altersversorgung.
Insgesamt gibt es 550 000 Pensionskassenberechtigte, 50 000 davon sind bereits Pensionisten. Auch die Jungen sind betroffen. Aktuelle Prognosen zeigen, dass ArbeitnehmerInnen, die im Jahr 2025 in Pension gehen, nur mehr 40 Prozent der ursprünglich in Aussicht gestellten Pension herausbekommen werden.
Es wurde das „Bild des Regenschirms“ verwendet, um das zu symbolisieren als Synonym für das, was wir heute als Paket beschließen. Wir sollen uns dessen bewusst sein, was wir beschließen und was wir stabilisieren. Wir stabilisieren mit unserem Beschluss heute genau jenes System, das derartige Verteilungsschieflagen erst schuf. Wir stabilisieren damit nicht nur den Bankensektor, sondern wir stabilisieren damit auch die Armut. Und wir haben dennoch keine andere Wahl, denn die Schwächsten sind am stärksten betroffen.
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