BundesratStenographisches Protokoll761. Sitzung / Seite 44

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Wir sollen uns nur dessen bewusst sein, in welchem Dilemma wir sind. Für jene, die gerne mit der Geschichte operieren, sei gesagt: In den dreißiger Jahren hat man die­ses Instrumentarium nicht zur Verfügung gehabt. Und das ist auch einer der Gründe für die damalige Entwicklung. Bertolt Brecht hat es in dichterischen Worten gebracht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“

Davor habe ich am meisten Angst. Es gibt schon genügend, die wieder auf den Plan treten und vom „Judentum an der Ostküste, das an allem schuld sein soll“ sprechen und so mit raschen Erklärungen diese Menschen zu Sündenböcken abstempeln.

Machen wir ernst mit der Bändigung der entfesselten Finanzmärkte! Geben wir uns nicht zufrieden, wenn jetzt verkündet wird, der amerikanische Casino-Kapitalismus sei pleite und desavouiert, die marktradikalen Ideologien abgewirtschaftet! Geben wir uns damit nicht zufrieden, sondern nützen wir den Ruf nach dem Staat, um auch wieder die demokratisch legitimierte Politik über die Ökonomie herrschen zu lassen und Regeln zu verordnen!

Märkte brauchen Regeln: Das war unter meiner Federführung vor fünf Jahren das Jah­resmotto des ÖGB Oberösterreich. Es gibt auch ein Buch dazu. Schon damals forder­ten wir eine Spekulationssteuer und eine europäische Aufsicht; ich möchte das nur in Erinnerung rufen. Die Schar jener, die es immer schon wussten, wird jetzt sehr, sehr groß.

Wir, die wir es eigentlich immer schon wussten, dürfen uns nicht dem Irrglauben hin­geben, dass mit der Kernschmelze beziehungsweise mit dem Super-GAU an der Wall Street der amerikanische Casino-Kapitalismus untergeht und sich der Markt wieder von selbst ins Lot bringt.

„Mehr privat, weniger Staat!“ war die Leitideologie der Politik der letzten Jahre, aber jetzt wird dieser verachtete Staat mit Steuergeldern die „Schrottpapiere“ aufkaufen. Machen wir dies nicht ohne Bedingungen!

Das heute ist der erste Schritt, und, lieber Herr Staatssekretär, die nächsten werden folgen. (Bundesrat Schennach: Folgen müssen!)

Wir stimmen heute zu im guten Glauben, dass die nächsten Schritte auch wirklich ge­setzt werden. Sie wurden bereits erwähnt: ein Konjunkturpaket und das Bemühen um die Erlassung entsprechender Regeln für die entfesselten Märkte auf europäischer und auf Weltebene. Es ist Aufgabe des Staates, der Politik, diese Regeln zu verfassen!

Beschließen wir dieses heutige Paket mit Bedacht und im Bewusstsein dessen, was es noch zu tun gibt! Machen wir uns stark in unseren Parteien, machen wir uns stark in Europa! Machen wir uns stark für die Vision, für die Utopie, die da immer noch lautet: Eine gerechtere Welt ist möglich, wenn wir nur wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Schennach, Kerschbaum, Dönmez und Bieringer.)

15.32


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dönmez zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.32.32

Bundesrat Efgani Dönmez (ohne Fraktionszugehörigkeit, Oberösterreich): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Dort, wo Kapital angehäuft wird, wo man sich darüber Gedanken machen muss, wie man dieses absichert, gibt es auch die Kehrseite der Medaille – Kollege Gumpl­maier hat diese angesprochen, und dafür danke ich dir recht herzlich –: Es gibt jene, die nicht einmal die Möglichkeit haben, an etwas Derartiges zu denken. Ich danke dir,


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