BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 20

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teilung beizutragen, die derzeit gar nicht daran teilnehmen. Die 3 300 Stiftungen Österreichs werden in diesem Regierungsprogramm überhaupt nicht tangiert. Das, was in den 3 300 Stiftungen geparkt ist, beträgt mehr als der österreichische Staatshaushalt eines Jahres. Wo ist deren soziale Verantwortung in unserer Gesellschaft? – Nirgend­wo. Und das halte ich nach wie vor für einen sozialpolitischen Skandal der Sonder­klasse!

Wo ist die Vermögenszuwachssteuer, von der die SPÖ gesagt hat, sie macht sie? Wo ist sie, wo ist ein einziger Satz, ein einziger Hinweis zu dieser Vermögenszuwachs­steuer? – Sie ist weg! Was ist mit der Transaktionssteuer? – Wir warten auf euro­päische Regelungen, okay, aber da hätte ein Regierungsprogramm, das genau diese Herausforderungen anpacken will, bereits eine Antwort geben können. Insofern ist diese Regierungsbildung, der ich völlig offen gegenüberstehe und die ich dort unter­stütze  (Rufe bei der ÖVP: Naja! Bundesrat Mag. Klug: „Sehr“ offen! Bundesrat Perhab: Kurzzeitgedächtnis! – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.– Herr Kollege Pröll! Wir kennen uns jetzt schon länger, und Sie wissen ganz genau, dass ich immer versucht habe, die Dinge sachpolitisch und nicht polemisch anzu­gehen.

Insofern tut mir Ihr Zwischenruf ... (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) – Lieber Herr Vizekanzler, ich bin nicht hier, um das zu tun, was dann vielleicht andere tun, nämlich den Weihrauchkessel über diese Regierungserklärung zu schwenken. Das ist nicht meine Aufgabe.

Seien Sie froh, Herr Vizekanzler, dass sich jemand mit dieser Regierung, mit diesem Regierungsprogramm kritisch auseinandersetzt. Ich glaube, dieses Regierungs­pro­gramm braucht das, denn es ist mehr vom Gleichen: Die Regierung, die hier vor zwei Jahren mit einem Regierungsprogramm angetreten ist, nämlich die Regierung Gusen­bauer/Molterer hat einen viel stärkeren Schnitt in diese Gesellschaft gemacht und hat ein wesentlich ambitionierteres Programm vorgelegt als in dieser Regierungserklärung, die zwar um einige Seiten stärker ist, aber der Herr Bundeskanzler hat gesagt, wir müssen die Ärmel hochkrempeln und mit ganzer Kraft dagegen halten.

Nur: Mit ganzer Kraft in die Arbeitskreise, in die nationalen Aktionspläne, in die Treffen zu gehen, das ist zu wenig. Die Programme und das, was die Wahrheit hinter Ihren Maßnahmen ist, von denen Sie zwar sprechen, aber in diesem Regierungsprogramm nicht konkretisieren, das ist zu wenig.

Die Medien haben Ihnen etwas ausgerechnet, die verschiedensten Medien – nicht dass Sie sagen, das war nur der „Standard“ oder der „Falter“ oder nur der „Kurier“, sondern Ihre Regierungserklärung hat man auf Konjunktive, auf die Arbeitskreise, auf die Treffen, auf die Verlagerung von Entscheidungen hin durchforstet. Und das ist nicht „Mit-ganzer-Kraft-dagegen-Stemmen“.

Meine Damen und Herren, was können wir von dieser Bundesregierung erwarten? (Bundesrat Mag. Klug: Viel!) – Wir müssen uns viel erwarten, da die Probleme, vor denen wir stehen, zahlreich sind. Und da unterschreibe ich auf der ersten Seite der Regierungserklärung einen Satz mit vollem Herzen, wenn dort steht: „Die Heraus­forderungen an die Politik sind groß.“

Deshalb, Herr Vizekanzler, müssen wir auch kritischer mit einer Regierung zum Zeitpunkt ihrer Bildung umgehen. Wenn die Herausforderungen an die Politik so groß sind, dann sind auch die Herausforderungen und die Messlatten höhere. Und Sie müs­sen sich auch einer schärferen Kritik und einer größeren Herausforderung und Diskussion gegenübersehen.

 


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