BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 24

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stellen müssen, damit sie es ausgeben können und einen kleinen, aber achteinhalb­millionenfach multiplizierten Beitrag zu einer so dringend notwendigen Konjunktur­belebung leisten.

Wir dürfen ja eines nicht übersehen: Krise bedeutet für die Menschen auch eine ungeheure Verunsicherung. Verunsicherung – bei allem, was derzeit über Banken erzählt wird – heißt aber auch, dass die Sparquote – und ich sage das jetzt so, wie ich es mir denke – zu steigen droht, weil die Menschen Angst vor der Zukunft haben und daher Geld für einen möglichen, schwierigen persönlichen Fall zurücklegen. Das ist individuell in jedem Einzelfall verständlich. Es ist trotzdem gesamtökonomisch falsch.

Daher müssen wir ihnen die Sicherheit geben, dass dieses Land mit geringen Opfern durch die Krise durchkommen wird. Wir müssen ihnen die Sicherheit geben, dass ihr persönliches Lebensschicksal eine persönliche „Aktion Eichhörnchen“ nicht erforderlich macht und ihnen die finanziellen Mittel geben, damit sie heute investieren können – privat und in ihrem Bereich –, damit sie dieses Geld, das ihnen die Steuerreform bringt, auch wieder auf den Markt bringen und somit einen ganz, ganz entscheidenden Beitrag zur Belebung unserer Binnenkonjunktur leisten. – Das ist die eine Komponente.

Die andere Komponente ist naturgemäß, dass eine exportorientierte Wirtschaft wie Österreich und eine sehr stark in Nachbarländern mit Tochterbetrieben verschiedener Art verankerte Wirtschaft wie die österreichische nicht nur von der Binnenkonjunktur leben kann.

Die deutsche Konjunktur wird die österreichische Bundesregierung nicht retten können. Aber die europäische Konjunktur zu retten, gemeinsam – das ist eine Aufgabe, der sich die Europäische Union und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in einer von früheren Beispielen sich drastisch unterscheidenden Weise gestellt haben.

Und das 200-Milliarden-Paket, das primär ein Paket der Nationalstaaten ist und wo es einen Beitrag aus dem Budget der Union gibt, ist der Unterschied in der Krisen­bewältigung gegenüber der großen Krise von 1929.

Es gibt zumindest zwischen den Partnern in der Europäischen Union keinen, ja nicht den geringsten Ansatz für eine „beggar-thy-neighbour policy“. Hier wird nicht ver­sucht – was ja damals in grandioser Art und Weise gescheitert ist –, die eigenen Probleme zu Lasten der umgebenden Staaten zu lösen – das haben alle probiert, und es sind daher auch alle damit gescheitert –, sondern es gibt einen koordinierten gemeinsamen Ansatz, in den auch die USA eingebunden sind.

Die Tatsache, dass das gelungen ist, hat erfreulicherweise die Einstellung vieler, vieler unserer Landsleute gegenüber dieser Europäischen Union wesentlich beeinflusst: Wir brauchen uns nur die jüngst veröffentlichten Zahlen anzuschauen, um zu sehen, dass dann, wenn es eng wird – und es ist eng geworden – und die Europäische Union handelt, die Menschen auch verstehen, dass sie ein Solidaritätsgebäude Europas ist, das im Ernstfall funktioniert und handlungsfähig ist, und dass gehandelt wird.

Es soll in diesem Zusammenhang nicht verschwiegen werden, dass es in anderen Wirtschaftsräumen, auch solchen, die für uns wichtig sind und für unsere Export­wirtschaft und für unsere Beteiligungen – für österreichische Beteiligungen, nicht meine – wichtig sind, Tendenzen gibt, die Märkte wieder abzuschotten – Russland ist da mit großer Vorsicht zu betrachten – und damit jenen Fehler von 1929 zu wieder­holen, der auf dem Glauben basiert, man könne sich gegen die Krise mit hohen Zoll­mauern, Einfuhrverboten und Ähnlichem retten und auf die Binnenkonjunktur allein aufbauen.

Das ist damals gescheitert und es wird auch, falls es versucht wird, bei einem so großen Wirtschaftsraum, wie Russland einer ist, scheitern, aber das wäre ein Schei-


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