BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 85

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sichtlich – der frühere Herr Bürgermeister hat sich schon zu Wort gemeldet – Ge­schäfte machen. Es geht ja um einen tieferen Sinn, den wir mit dieser Dringlichen Anfrage an die Bundesregierung deutlich machen.

Wenn zum Beispiel Strem im Burgenland um 4,5 Millionen € ein Altenheim baut und nicht einmal die entsprechenden Verträge hat oder Neusiedl 20 Millionen € Schulden im Budget hat, so ist das insgesamt ein interessantes Bild, aber ein beängstigendes Bild.

Oberschützen – der Bürgermeister, der jetzt mit einem Rucksack durch die Gegend rennt, ist immerhin Steuerberater und hat andere Gemeinden beraten, wie sie ihr Geld anlegen sollen – machte 81 000 € Verlust. Er wird jetzt 20 000 €, sein eigenes Gehalt für das nächste Jahr, einsetzen. Wie will er das aber mit den anderen Gemeinden handhaben, die er beraten hat?

Auersthal ist zu nennen. Radstadt in Salzburg hat eine Veranlagung von 8,4 Mil­lionen €. Wie kann es weitergehen?

In Zins-Swaps haben investiert: Prellenkirchen, Retz, Warth. In Schweizer Fremd­währungskredite: Wiener Neustadt, Zellerndorf, Zistersdorf, Deutsch Schützen, Ritzing, Zurndorf. Bad Vöslau hat durch Immo-Papiere, die man tapezieren kann, bereits einen Verlust von 100 000 €. Breitenfurt bei Wien, Bruck an der Leitha: Swaps, Swaps, Swaps.

Dies, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Staatssekretär, bewirkt, dass wir den genauen Schaden noch gar nicht kennen. 50 bis 60 Millionen € an Verlusten aus solchen Geschäften werden derzeit vermutet, aber die österreichischen Gemeinden sind mit 11 Milliarden € verschuldet. Das sage nicht ich, das sagt der Rechnungs­hofpräsident – nur, falls jemand sagt, das hätte ich von irgendwo her. Der Rech­nungshofpräsident problematisiert diese 11 Milliarden € insofern, als er sagt, davon sind 7,7 Milliarden € aus ausgelagerten Geschäften entstanden – 7,7 Milliarden € Schulden der österreichischen Gemeinden aus ausgelagerten Geschäften!

Ich sage jetzt auch in Richtung unseres Präsidenten, der weiß, dass ich eine sehr große und tiefe Demut vor der österreichischen Verfassung habe, Folgendes: Ja, die Gemeindeautonomie ist eine der herausragenden Leistungen in der Verfassungs­wer­dung Österreichs. Dass wir die territoriale Selbstverwaltung mit dem Gemeinde­gesetz nach den Ereignissen von 1848 haben, dass wir nach einem kurzen Rück­schlag durch die Monarchie mit der Ersten Republik dieses Gemeindegesetz und diese heraus­ragende Stellung der Gemeinden als demokratische Keimzellen im Staat haben, ja, dazu bekennen wir uns. Wir sind stolz auf die Gemeinden in Österreich, denn sie sind der größte Investor.

Wenn in der Politik gesagt wird – ich schmunzle immer, wenn die Bundesregierung oder eine Landesregierung das sagt –, wir schaffen Arbeitsplätze, dann sind die, die wirklich Arbeitsplätze schaffen, und die, die wirklich die Wirtschaft ankurbeln, die öster­reichischen Gemeinden; deshalb auch meine tiefe Sorge, dass die österreichischen Gemeinden als Motor, Arbeitgeber und Investor Nummer eins nicht mehr die Inves­titions­kraft haben zu finanzieren, wenn sie sich in solche Veranlagungen hineinverirren.

Meine Damen und Herren, vor drei Tagen ist der Gemeindefinanzbericht 2008 er­schienen. (Der Redner hält ein Exemplar dieses Berichts in die Höhe.) Dieser Finanzbericht ist drei Tage alt, und wenn hier ein Reißwolf stünde, könnte man ihn hineinstecken, denn er ist nach drei Tagen schon völlig unaktuell.

Dieser Finanzbericht basiert auf den Daten von 2007, die für die Gemeinden ein sehr, sehr positives Ergebnis brachten, wie auch der Herr Gemeindebundpräsident Mödl­hammer in der Erläuterung schreibt.

 


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