BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 84

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13.53.27Dringliche Anfrage

der Bundesräte Stefan Schennach, Johann Ertl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zur Erweiterung der Zuständigkeiten des Rechnungshofes (2652/J-BR/2008)

 


Präsident Jürgen Weiss: Wir kommen nunmehr zur Behandlung der Dringlichen Anfrage.

Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Schennach als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

 


13.53.52

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär Ostermayer! Normalerweise ist eine Dringliche Anfrage der Opposition an Regierungsmitglieder gerichtet, um einen aktuellen Konflikt zu besprechen oder ein aktuelles Konfliktfeld in einer Streitform auszutragen. Diese Dringliche Anfrage folgt nicht diesem Muster zwischen der Oppo­sition und der neuen Bundesregierung, da in dieser Sache selbst ja kein Konflikt vorliegt, jedoch die Sache an sich einen dringlichen Charakter hat.

Wir alle verfolgen in den letzten Monaten eine Situation am internationalen Weltmarkt, in dem Geld nicht mehr dazu dient, reale Güter zu finanzieren, reale Geschäfte zu machen, sondern sich das Geld an sich in einer nebulosen Vermehrungsform verselb­ständigt hat. Der Glaube daran, das Geld selbst und seine Produkte, die da gestaltet wurden, wurden zum Handelswert, der in der Form außer Kontrolle geriet.

Was müssen wir doch tief besorgt feststellen? – Eine ganze Reihe österreichischer Gemeinden – genau genommen sind es mindestens 5 Prozent der österreichischen Gemeinden – hat an riskanten Geschäften, Investmentgeschäften mitgewirkt.

Der derzeit bezifferte und vermutete Schaden aus diesen Luftgeschäften oder hoch­riskanten Geschäften mit unser aller Steuergeld wird zwischen 50 und 60 Millionen € geschätzt. Alleine im Land Niederösterreich haben sich 70 bis 90 Gemeinden daran beteiligt und sind in Spekulationsgeschäfte eingestiegen.

Der Herr Staatssekretär kommt, wie ich aus seiner Biografie zu kennen glaube, aus dem Burgenland. Nehmen wir die burgenländische Situation her: Für knapp 400 000 € haben sich burgenländische Gemeinden an Devisenoptionen beteiligt. Die Namen der Gemeinden sind ja vielfach durch die Medien gegangen, ich werde sie nicht alle nennen müssen.

Spannend ist es schon, dass zum Beispiel zwei Gemeinden ihre gemeindeeigene Sparkasse verkaufen, also etwas Reales verkaufen, und das Geld mehr als riskant veranlagen. Zum Beispiel hat die Gemeinde Hartberg 10 Millionen € auf den Virgin Islands veranlagt und mit dem damaligen Meinl European Land jetzt schon einen Schaden von 2,5 Millionen €.

Auch Hofamt Priel, das in Termingeschäfte und in Fremdwährungskredite investiert hat, hat eine Sparkasse verkauft. Der Schaden wird derzeit mit ungefähr 3 Millionen € beziffert.

Trieben in der Steiermark: Immofinanz, Fremdwährungskredite; Öblarn: verschuldet; Puch in Salzburg: unklare Geschäfte zwischen der Gemeinde und dem eigenen Bür­germeister, Strem im Burgenland ... (Bundesrat Gruber: Keine Spekulation!) – Das ist keine Spekulation. Ich rede jetzt generell von der Art, wie Gemeinden hier offen-


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