BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 87

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die Rechnungshöfe, aber nicht durch den Bundesrechnungshof!) – So, und auf diesen Zwischenruf warte ich schon die ganze Zeit (Bundesrat Kneifel: Gern geschehen!), denn jetzt ist der Herr Kollege in eine schwere Falle getappt.

Hier in diesem Saal fand im letzten Jahr eine richtungweisende Debatte statt, anläss­lich deren Eröffnung Frau Nationalratspräsidentin Prammer folgende Worte ge­sprochen hat: Es freue sie, dass das Symposium zum Thema „Öffentliche Finanz­kontrolle in Österreich“ ausgerechnet im Bundesratssitzungssaal stattfindet.

Das, was Herr Kollege Kneifel als „Bundesrechnungshof“ bezeichnet, gibt es nicht. (Bundesrat Kneifel: Wer bestimmt den Präsidenten des Bundesrechnungshofes? Nicht der Bundesrat, der Nationalrat!) – Ja, ja, ganz ruhig.

Seit 1929 wurde in der Verfassung die Einheitlichkeit der Finanzkontrolle festgehalten und festgelegt. Das heißt, der Rechnungshof ist ein Hilfsorgan des Nationalrates und hat die verfassungsmäßige Kompetenz für Bund, Länder und Gemeinden. Es gibt keinen „Bundesrechnungshof“, sondern es gibt den Rechnungshof. Und die Zustän­digkeit dieses Rechnungshofes wurde 1948 noch einmal ganz eindeutig klargestellt.

Herr Präsident Moser hat dazu – übrigens hier an diesem Rednerpult im letzten Jahr – gesagt:

„Eine Ausweitung der Kontrollkompetenz auf Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern und Unternehmen bereits ab einer öffentlichen Beteiligung von mehr als 25 Prozent bringt nicht nur ein Mehr an Transparenz und Kontrolle für die gesetz­gebenden Körperschaften, sondern auch einen Mehrwert“ – nämlich einen wirklichen, nicht nur einen Phantasiemehrwert – „für die überprüften Stellen durch den ver­gleichenden und beratenden Ansatz des Rechnungshofes.“

Moser sagte weiters: „Für mich als Präsident des Rechnungshofes ist es aber auch von besonderer Bedeutung, dass die Veranstaltung im Sitzungssaal des Bundesrates stattfindet, da der Rechnungshof zwar organisatorisch“ – das ist jetzt für den Kollegen Kneifel – „ein Organ des Nationalrates, funktionell aber, je nachdem ob er die Bundes-, Landes- oder Gemeindegebarung prüft, ein Organ des Nationalrates oder der Landtage beziehungsweise“ – da mich Herr Kollege Konecny anschaut – „des Wiener Gemeinderates und somit ein föderatives Bund-Länder-Organ ist.“

Weiters ist in der gesamten Debatte klargestellt worden, dass es aufgrund der immer intensiver werdenden Zahlungstransfers – 210 000 Transferströme allein zwischen den Gebietskörperschaften im Bereich der Gemeindeebene pro Jahr – sinnvoll ist, die Einheitlichkeit der Finanzkontrolle in Österreich herzustellen. – Die Erfahrungen haben das gezeigt, da wir es hier mit den unterschiedlichsten Gebietskörperschaften zu tun haben. 55 Prozent der Abgabeneinnahmen kommen über die Gebietskörperschaften, und angesichts so einer enormen Masse, die da bewegt wird, ist diese Einheitlichkeit sinnvoll, so wie es die Bundesverfassung 1929, 1948 und selbst 2005 vorsieht. Moser sagt – übrigens sagen das auch Fiedler und auch der frühere Präsident des Verfas­sungsgerichtshofes Korinek; ich kann Ihnen alle Zitate liefern, Herr Kneifel, da Sie offensichtlich sehr interessiert sind –:

„Ja, es bestehen Kontrolllücken. Für einen umfassenden, dem Grundsatz der Einheit­lichkeit der Finanzkontrolle sowie der Verbundenheit der Finanzwirtschaft und der Verflochtenheit der Finanzströme Rechnung tragenden Ansatz ist es erforderlich, auch Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern und Unternehmen bereits ab einer öffentlichen Beteiligung von mehr als 25 Prozent in die Kontrollkompetenz der öffentlichen Finanzkontrolle einzubeziehen.“

Zur dieser Vollständigkeit, Kollege Kneifel, zu dieser Einheitlichkeit der öffentlichen Finanz­kontrolle in einem Bundesstaat hat hier auch Professor DDr. Josef Isensee


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