BundesratStenographisches Protokoll763. Sitzung / Seite 90

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14.24.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Liebe Damen und Herren Bundesräte! Bevor ich die Dringliche Anfrage in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers beantworte, möchte ich ein paar Anmerkungen machen.

Herr Bundesrat Schennach hat die Dringlichkeit mit der aktuellen Finanz- und Wirt­schaftslage begründet. – Worum geht es? Was ist passiert? Das, was vielen Unter­nehmen, nicht nur Banken und Versicherungen, passiert ist, ist auch manchen Gemeinden passiert, nämlich sie haben bei der Überlegung, wie mit Finanzmitteln, mit dem Vermögen der Gemeinde umgegangen wird, teilweise einen Weg gewählt, einen Grat zu gehen versucht, wo manche jetzt Probleme bekommen haben.

Wir sind in einer Situation, die noch vor wenigen Wochen niemand geahnt hat. Ich erinnere nur an die Wifo-Prognose im Oktober des heurigen Jahres, wo noch von einem Wirtschaftswachstum die Rede war. Die heutige Prognose des Wirtschafts­forschungsinstituts, aber auch des IHS geht davon aus, dass es eine Rezession, ein Minus von 0,5 Prozent geben wird.

Beim Kassasturz Ende Oktober des heurigen Jahres ist das Wifo noch von zwei Varianten ausgegangen: Ein Szenario ging auch Ende Oktober noch von einem Plus der Konjunktur aus, ein anderes ging von null oder minus 2 Prozent aus. Also wir sind in einer Situation, mit der niemand gerechnet hat. Es hat niemand damit gerechnet, dass – ich glaube, es war am 15. September – in den USA Lehman Brothers in Konkurs gehen oder Chapter 11 beantragen.

Ich mache noch eine persönliche Anmerkung. In meinem vorvorigen Job war ich Geschäftsführer eines Unternehmens der Stadt Wien, eines Fonds. Ich hatte damals auch die Aufgabe, Finanzmittel zu veranlagen. Und damals stand ich vor dem Kontroll­ausschuss und wurde von Abgeordneten, Gemeinderäten und Landtagsabgeordneten gefragt, warum ich nicht – ich sage es jetzt mit meinen Worten – „riskanter veranlage“. Ich habe damals Gelder veranlagt in beispielsweise Wohnbauanleihen oder Staats­anleihen, also sehr sichere Anleiheformen.

Damals wurde in einigen kritischen Wortmeldungen die Frage gestellt, warum nicht ein höheres Finanzergebnis erzielt wurde. Ich habe damals argumentiert, ein höheres Finanzergebnis, höhere Finanzerträge bedeuten auch mehr Risiko. Trotzdem muss man auch im Nachhinein sagen, es ist immer ein sehr schmaler Grat, der da zu gehen war. Es haben sich viele auf die Rating-Agenturen verlassen. Und bei manchen ist es jetzt eben zu einem Problem geworden.

Wir wissen ja, wir haben heute Vormittag auch schon über das Thema Schutzschirm über Banken und so weiter geredet. Das ist ein besorgniserregendes Problem, das natürlich auch Anlass geben kann, dass man über die Frage diskutiert, wie beispiels­weise Gemeinden kontrolliert werden. Ich glaube aber, dass man in so einer schwie­rigen Situation, in der niemand genau weiß, wie es weitergeht, nicht viel tun kann. Ich erinnere nur – ich glaube, es war vor zwei Wochen – daran, da gab es ein Interview mit dem Chefökonomen der Deutschen Bank über die Frage: Wie geht es mit der Wirtschaftsentwicklung weiter?

Norbert Walter sagte damals, für ihn gibt es vier Szenarien: Erstes Szenario: „Alles wird gut“, zweites Szenario: „Keynes, we can“. Das dritte Szenario nannte er „Oskar Lafontaine“. Und das vierte Szenario nannte er „Tsunami“. Und er hat gesagt, damit wolle er sich gar nicht befassen.

Das heißt, wir wissen nicht genau, wie es weitergeht. Die Prognosen können sich auch in der nächsten Zeit wieder verändern. Der Gouverneur der Notenbank, Ewald Nowotny, hat gesagt, man weiß nicht, ob es ein V wird, es also hinunter- und rasch


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