BundesratStenographisches Protokoll765. Sitzung / Seite 29

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Auch wenn es schön ist, dass wir in Österreich mit Sozialausgaben von 28,5 Prozent des BIP sozusagen an drittbester Stelle in der EU liegen, sollte es doch so sein, dass die Menschen mit ihrem Einkommen auch auskommen können und dass die Men­schen wenigstens einen durchschnittlichen Lebensstandard haben.

Das ist aber sehr schwierig. Wenn man sich im Sozialbericht die Verteilung des Ver­mögens in Österreich anschaut, sieht man, dass die Einkommen aus Erwerbstätigkeit immer geringer werden – im Gegensatz zu höheren Gewinn- und Vermögenserträgen. So ist zwischen 1996 und 2006 das Volkseinkommen zwar insgesamt um 3,6 Prozent gewachsen, die Arbeitnehmerentgelte sind jedoch leider nur um 2,8 Prozent gestiegen. Andererseits jedoch sind Unternehmens- und Vermögenserträge um 5,4 Prozent gestiegen.

Allein daran kann man also schon ein gewisses Ungleichgewicht erkennen – noch dazu, wenn man auch weiß, dass der Lohnanteil von 78,7 Prozent im Jahr 1978 auf 66,6 Prozent im Jahr 2006 gesunken ist.

Nach wie vor verdienen die Frauen um ein Drittel weniger; diese Schere hat sich leider in keiner Weise verbessert. Der reichste Haushalt besitzt ein Geldvermögen, das die untersten 29 Prozent gemeinsam haben; eine Mittelschicht gibt es da eigentlich nicht.

Wir haben heute schon sehr viel über Kurzarbeit, über Arbeitslosigkeit gesprochen und auch darüber, welch riesige Katastrophe es ist, wenn jemand seinen Job verliert. Bereits im Jänner 2009 ist die Arbeitslosenquote um 12,2 Prozent gestiegen. Tendenz: weiter steigend.

Da ja die Lohnersatzquote heute auch schon Thema war: Herr Minister, ich gebe Ihnen da nicht ganz recht, wenn Sie sagen, das sei eine Nettolohnersatzquote und mit der in der Europäischen Union nicht wirklich vergleichbar, denn auch da gibt es genau das gleiche Problem: Wenn die Menschen nicht irgendwo Zulagen bekommen oder sonstige „Anrechnungssachen“, dann bleibt es bei diesen 55 Prozent. Und natürlich trifft das ganz besonders Alleinstehende, die Schwierigkeiten haben, mit der Hälfte ihres Lohnes ihre Miete zu zahlen beziehungsweise sonstige Kosten zu begleichen.

Daher wäre es schon sehr wichtig und richtig, danach zu trachten, dass wir da auf einen höheren Schnitt kommen und dass die Lohnersatzquote höher ist, sodass diese Menschen nicht in die Armutsfalle stolpern.

Ganz dramatisch ist es ja – das habe ich mir auch ganz genau angesehen –, wenn jemand lange Zeit keine Beschäftigung findet und dann Notstandshilfe beziehen muss, denn in diesem Fall wird das Einkommen des Partners sehr wohl miteinbezogen, der ja dann einen beträchtlichen Teil seines Einkommens sozusagen abgeben muss. Bei der Freigrenze, die dann übrig bleibt, bleiben dem Partner 473 € für sein eigenes Leben – und mit jedem zusätzlich verdienten Euro wird dieser auf der anderen Seite wieder abgezogen.

Herr Minister, Sie haben das heute beim Thema Mindestsicherung sehr richtig gesagt: Man muss darauf schauen, dass die Menschen wieder in den Arbeitsprozess kommen. Ich finde es auch in Ordnung, dass man sagt: Wenn du das und das nicht annehmen willst, dann kürzen wir dir etwas!, aber gerade bei der Notstandshilfe ist der Anreiz des Partners, mehr zu arbeiten, gar nicht gegeben; da müsste man sich wirklich dringend etwas anderes überlegen.

Das heißt: die Lohnersatzquote auf europäisches Niveau zu heben und auch bei der Notstandshilfe zu überlegen, was wir tun können, damit ein Anreiz, mehr zu arbeiten, nicht völlig und irgendwo in einem „Nirwana“ verschwindet. Denn in Krisenzeiten – vielleicht gerade in Krisenzeiten – sollten Menschen ein Einkommen haben, von dem sie tatsächlich leben können.

 


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