BundesratStenographisches Protokoll765. Sitzung / Seite 45

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Auf eines möchte ich auch hinweisen – dies sei zum Kollegen Kampl gesagt –: dass die Armut seit dem Jahr 2000 – und da waren die Sozialdemokraten nicht in der Regierung –, als sie rund 880 000 Menschen, also 11 Prozent betroffen hat, dass seit der Übernahme durch die blau-schwarz-orange Regierung die Armut immens gestiegen ist und jetzt die Millionengrenze überschritten hat. Weiters hat die Armuts­gefährdungsquote zugenommen. Ich brauche ja nicht zu wiederholen, dass bereits jetzt zwei Millionen Menschen mit ihrem Einkommen praktisch nicht mehr das Auslangen finden.

Es ist auch schon davon gesprochen worden, dass Frauen besonders betroffen sind, Arbeitslose, Menschen mit prekärer Arbeit oder mit geringen Ausbildungsabschlüssen, AlleinerzieherInnen, kinderreiche Familien und MigrantInnen. Armut hat auch negative Folgen, vor allem für die Gesundheit – das haben wir schon gehört. Die Wohnqualität, die Bildung der Kinder, die individuellen Verwirklichungschancen und natürlich ganz besonders die soziale Teilhabe leiden.

Dass auch der Reichtum zugenommen hat, das haben wir schon gehört. Ich werde diese Zahlen jetzt nicht noch einmal nennen. Es gibt auch um 17 Prozent mehr Dollar­millionäre, praktisch ein Plus von 10 000 gegenüber dem Jahr 2003. Es zeigt sich aber auch, dass im Gegensatz dazu 22 Prozent der Bevölkerung mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln eigentlich nur unzureichend auskommen und dass hier eine Armutsgefährdung beziehungsweise finanzielle Deprivation vorliegt.

Auch in Niederösterreich ist der Anstieg der Armut laut letztem Sozialbericht besonders spürbar. Das sind natürlich erschreckende Fakten, dies auch deshalb, weil besondere Schicksale damit verbunden sind. Zu den enormen Geldsorgen kommen auch noch Benachteiligungen im sozialen Umfeld und der Lebensführung hinzu. Viele können es sich nicht leisten, Urlaub zu machen, jeden zweiten Tag Fleisch oder Fisch zu essen, neue Kleider zu kaufen, die Wohnung angemessen warm zu halten, unerwartete Ausgaben zu tätigen, und sind ständig mit Zahlungen im Rückstand. Von Dingen wie Auto, Handy, PC, Geschirrspüler und so weiter gar nicht zu reden.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen wie zum Beispiel ein sehr schlechter allgemeiner Gesundheitszustand oder starke Beeinträchtigungen durch Behinderung, chronische Krankheiten werden ebenso wie Wohnungsprobleme – feuchte, dunkle Räume, kein Bad, keine Dusche oder kein WC – durch Geldnöte noch verstärkt. Da ist natürlich der Sozialstaat gefordert. Eine moderne Sozialpolitik darf nicht auf eine Arme-Leute-Politik reduziert werden. Wir brauchen besondere Sicherheit in dieser bewegten Welt: Verteilungsgerechtigkeit, Mindestsicherung, Bildung, Aus- und Weiterbildung sind nur einige Punkte, in denen Österreich auch noch aufholen muss.

Wie unsere Bundesregierung ist natürlich auch Niederösterreich bemüht, einen großen Teil dieses Mankos abzufangen. Unter dem Motto „Hilfe ist eine Soll- und keine Kann-Bestimmung“ wird Menschen geholfen, um ihnen wieder ein bisschen mehr an Menschenwürde zu geben. Ich denke hier an den Bereich der Sozialhilfe. Das sind die Hilfen zum Lebensunterhalt, die als eine einmalige oder als laufende Geldleistungen gewährt werden, wenn so elementare Bedürfnisse wie zum Beispiel Nahrung, Kleidung, Unterkunft oder Beheizung nicht selbst ausreichend finanziert werden kön­nen. Die Zahl der Haushalte in Niederösterreich, die im Jahre 2007 Dauerhilfen erhalten haben, ist von 3 150 um 650 auf 3 800 gestiegen. Von diesen Personen sind 60 Prozent weiblich und 40 Prozent männlich. Die Geldleistungen in diesem Bereich sind seit 1. Jänner 2007 sogar um 30 Prozent gestiegen.

Ein Fall als Beispiel: Eine gehbehinderte Frau mit einem teilweise behinderten Sohn lebt in einem kleinen Haus ohne Kanalanschluss. Weil alles von Feuchtigkeit durch­zogen ist, gibt es auch keinen Strom; Schmutz und Fäkalien prägen das nahe Umfeld.


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