ihr eigenes Instrument – gut beherrschen, sie müssen orchestertauglich sein. So wie bei einer Musikkapelle der Kapellmeister dafür Sorge trägt, dass einzelne Instrumente nicht zu laut und die anderen zu still sind, haben die gewählten Mandatare und Mandatarinnen dafür zu sorgen, dass auch diejenigen, die keine Lobby hinter sich haben, in unserer Gesellschaft entsprechend berücksichtigt und vertreten werden. – Ohne die österreichische Sozialpartnerschaft wäre das nie möglich gewesen. Dieses Erfolgsmodell muss auch in Zukunft aufrechterhalten werden!
Dennoch wird bei uns – oft sehr polarisierend – das Sozialsystem, Herr Kampl, kritisiert, von den einen, meist von der Wirtschaft, als übersozial, von den anderen, die sich in der Sozialromantik bedienen, als bei Weitem nicht ausreichend kritisiert. Gerade dies lässt den Schluss zu, dass wir mit unserem Sozialsystem sehr gut liegen; wer sich jedoch weigert, noch besser zu werden, wird aufhören, gut zu sein.
Die Wirtschaftsdynamik, die Veränderungen der Arbeitsbedingungen – ich denke an die Teilzeit, an die Flexibilisierung der Arbeitszeiten –, aber auch die Veränderungen in der Lebensweise – ich denke da an viele Alleinerziehende, weniger Kinder, mehr Singles – und die ständig steigende Lebenserwartung verlangen eine sehr dynamische Sozialpolitik.
Die Vermögensverteilung erfährt seit den neunziger Jahren eine Umverteilung von unten nach oben, was sich dadurch ausdrückt, dass bei uns 1 Prozent der Bevölkerung zirka ein Drittel des Vermögens besitzt; 9 Prozent der Bevölkerung besitzen das zweite Drittel, und 90 Prozent der Bevölkerung besitzen das dritte Drittel. – Ich denke, es ist höchste Zeit, dass unser Sozialsystem in Zukunft mehr aus den Vermögenstöpfen und weniger aus den Lohnkosten gespeist wird.
Die Verteilungsgerechtigkeit wird immer wieder thematisiert: Die Städte denken, dass sie den Hauptteil der Soziallasten tragen und dass sich die sozial Schwachen meistens in der Anonymität der Stadt verstecken. Die Bevölkerung des ländlichen Raumes glaubt ebenso, benachteiligt zu sein, da Einkommensmöglichkeiten und die Versorgung mit öffentlichen Einrichtungen, Sport- und Kultureinrichtungen am Land meistens fehlen oder diese nur sehr, sehr erschwert zugänglich sind.
Einige Mitmenschen glauben sogar, dass man die Sozialleistungen kürzen müsste, um die Arbeitnehmer arbeitswilliger zu machen, und nicht so viel für Arbeitslosengeld und Grundsicherung – früher die Sozialhilfe – ausgeben müsste. Ausländer müsste man sowieso, wie natürlich auch Asylwerber, von den Sozialleistungen ausschließen. – Für mich als Sozialdemokraten ist es oft unausstehlich, wenn diese Diskussionen mit oder wider besseres Wissen in dieser Art geführt werden.
Tatsache ist, meine geschätzten Damen und Herren, dass sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Großteil ihre Leistungen selber finanzieren. Von den gesamten Aufwendungen im Sozialbereich in der Höhe von 43 Milliarden € muss der Staat lediglich 4,5 Milliarden, das sind knapp 10 Prozent, aus Steuermitteln zuschießen. Den größten Zuschussbedarf haben wir bei den Pensionsleistungen, wobei für die Pensionsversicherungen der Bauern und der Gewerblichen Wirtschaft im Verhältnis zur Anzahl ihrer Mitglieder wesentlich höhere Beiträge als zu den ASVG-Versicherten beigesteuert werden müssen.
Gar nicht so wenige, meist auch nicht sehr still in der Gesellschaft verweilende Mitmenschen verbinden mit unserem Sozialsystem immer wieder den Sozialmissbrauch, sehr oft im Zusammenhang mit einer verallgemeinernden Sprachregelung. – Ja, es gibt den Sozialmissbrauch! Es gibt ihn genauso, wie es die Steuerhinterziehung von Privaten und Unternehmern, genauso, wie es zweckentfremdete Verwendung von Fördermitteln in der Wirtschaft, in den Gemeinden und bei den Bauern gibt. Ich frage mich oft, warum in allen anderen Bereichen nicht genauso verallgemeinert wird wie im
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