BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 32

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Man darf nicht übersehen, dass unsere Banken mit einem Exposure von mehr als 200 Milliarden € in diesen Ländern investiert haben und dass es mehrere Gründe gibt, warum diese Stabilität für unser Land so wichtig ist.

Es ist aus sozialen Gründen wichtig, Europa nicht auseinanderreißen zu lassen in jene Staaten, die die Krise gut, und in jene Staaten, die die Krise gar nicht bewältigen können. Das wäre ein dauerhafter Schaden für die Glaubwürdigkeit der Europa-Politik bei der betroffenen Bevölkerung, die sich sehr genau merken würde, dass sie in guten Zeiten als Märkte gesehen werden und in schlechten Zeiten vergessen werden.

Daher ist diese Stabilität, die soziale und wirtschaftliche Stabilität ein Wert an sich. Es ist aber für Österreich auch ein wichtiger Wert, da wir derzeit allein bei dem Spread zu Deutschland für unsere Staatsschulden um mehr als ein Prozent höhere Zinsen bezahlen, obwohl wir die besseren Wirtschaftsprognosen haben, obwohl wir die gerin­gere Arbeitslosigkeit haben und auch in Bezug auf die Budgetdisziplin bessere Daten haben als unser deutscher Nachbar.

Dieser Unterschied, diese höheren Kosten, die rund 300 Millionen € nur in diesem Spread ausmachen, entsteht durch die Bewertung unserer Rating-Agenturen, die wir erstens übertrieben finden und die zweitens mit dem Exposure im Osten etwas zu tun hat. Also Stabilität im Osten hat für uns auch einen tatsächlichen Wert, wenn auch in der Einschätzung dieses Risiko zurückgeht.

Wichtig wäre es, in der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass es europäische Rating-Agenturen gibt, damit wir nicht so abhängig sind von Bewertungen, die wir mit unseren Sachargumenten entkräften könnten, und damit wir innerhalb der Euro­päischen Union und in Europa eine bessere Position hätten.

Also die Stabilität in Ost- und Südosteuropa zu fördern, die Konjunkturprogramme in Europa generell anzuregen, ganz konkrete Projekte für Österreich nachrechenbar zu machen, stand bei diesem Europäischen Rat im Vordergrund. Und beim nächsten Treffen mit Barack Obama wird für uns im Vordergrund stehen, gemeinsam weitere Programme voranzutreiben und Konsequenzen aus der Wirtschaftskrise zu ziehen.

Eines werden die Menschen sicher nicht verstehen: dass man dasselbe Karten­gebäude wieder ohne Kontrolle neu aufbaut! Denn: Für die Beseitigung der Schäden werden noch viele Volkswirtschaften sehr lange zu bezahlen haben. Daher ist es eine Voraussetzung, dass wir Österreicher uns im Europäischen Rat stark machen für Finanzmarktkontrollen, für kontrollierte Märkte und für jene Maßnahmen, die es ermög­lichen, den Wettbewerb zu begünstigen, aber in einem kontrollierten Ausmaß, wo dann nicht die Unschuldigen draufzahlen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Harald Reisenberger: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bun­desrat Kneifel.

 


Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundeskanzler! Eine wesentliche Rolle in unserem Finanzsystem spielt die Basel II-Regelung, die unsere Banken verpflichtet, ihr Eigenkapital ständig den Gegebenheiten anzupassen. Derzeit läuft die Tendenz eher darauf hinaus, dass zwar das öffentliche Kapital, das den Ban­ken zur Verfügung gestellt wird, in die Eigenkapitalsicherung der Banken fließt, aber die Hebelwirkung für die Klein- und Mittelbetriebe noch nicht im entsprechenden Aus­maß sichtbar ist.

Haben Sie eine Perspektive oder eine Strategie, wie wir dieses Problem lösen können? Oder, anders gesagt: Bestehen Überlegungen, die Basel II-Regelung auszusetzen, oder gibt es andere Perspektiven?

 


Präsident Harald Reisenberger: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


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