BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 52

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11.33.54

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Verehrte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesministerin, Sie erklärten im Nationalrat, sich sicher zu sein, das Richtige zu tun, da das Gesetz von rechts – sprich FPÖ und BZÖ – und von links und Grünen gleichermaßen kritisiert wird. Sie seien sich also sicher, einen klassischen Kompromiss gefunden zu haben, einen Kompromiss zwischen: alle ausweisen, niemanden reinlassen oder alle da lassen – überspitzt gesagt.

Offensichtlich stellten Sie sich die Frage, die auch ich mir stelle: Tue ich das Richtige? Ich stelle mir die Frage als Initiator des Netzwerkes „Land der Menschen“ in Ober­österreich, das sich gegen Ausländerfeindlichkeit wendet, und als Mitunterstützer vieler Plattformen für das Bleiberecht.

Nun einen Gradmesser angelegt, ob man das Richtige tut: Mahatma Gandhi gab seinen Freunden den Rat: Wenn ihr nicht wisst, ob ihr das Richtige mit euren Maßnahmen, Gesetzen, Projekten bewirkt, dann stellt euch die Frage und denkt die Antwort zu Ende, bis zur letzten Konsequenz: Wie wird sich eure Maßnahme für die Ärmsten im Dorf auswirken? Wird sie ihr Leben verändern? Wird die Maßnahme das Leben der Ärmsten im Land verändern?

Wenn wir dieser Frage ernsthaft nachgehen, welche Auswirkungen dieses Gesetz für die ärmsten Österreicher hat, dann heißt die Antwort: Es wird ihr Leben nicht ver­ändern. Und das sei gerade jenen deutlich ins Stammbuch geschrieben, Frau Mühlwerth, die ständig unter Vorgabe, für die Schwächsten in Österreich da zu sein, die Schwächsten und die Heimat zu schützen, Verhetzung und Gräuelpropaganda betreiben, mit Begriffen wie „Scheinasylanten“ und „Kriminelle“. Angst schüren und Hetze treiben ermöglicht zwar die Maximierung der Stimmen von unwissenden Wählern, führt aber nicht zur Wahrheit.

Stimmen maximieren können Sie mit Ihren Phrasen nur so lange, solange man nicht aufklärt und wirklich in aller Deutlichkeit darauf hinweist, dass diese Phrasen und dieses Angst-Schüren in Wirklichkeit den Rassengesetzen des Deutschen Reiches entspringen. (Bundesrat Ing. Kampl: Blödsinn!) – Nicht „Blödsinn“! (Bundesrat Ing. Kampl: Das ist ein Blödsinn! Das ist kein Vergleich!)

Da Sie mit dieser ideologischen Substanz sehr alt ausschauen und das auch wissen, kleiden sich Ihre Proponenten zeitgemäß und passen sich in ihrem äußeren Er­scheinungsbild der neuen Zeit an, kleiden sich in moderne, neue Anzüge und tauchen in Diskotheken auf, wenn sie nicht gerade auf Schießplätzen oder Wehrsportübungen sind. (Bundesrat Perhab: Reden wir jetzt zum Asylgesetz?)

Wir hatten leider jahrelang eine vorauseilende Gesetzgebung gegen diese Wähler­stimmen-Maximierung, mit den Stimmen der Angst dieses Lagers. Das hat uns erst in die Lage gebracht, dass wir heute ein Gesetz reparieren müssen, das in einer Bestim­mung vom Verfassungsgesetz aufgehoben wurde.

Unabhängig von dieser verfassungsrechtlichen Notwendigkeit hat dieser Populismus des nationalen Lagers zu der vorauseilenden Gesetzgebung geführt und zu einer Praxis in der Vollziehung, wo man laufend Gefahr lief, Ansprüche der Menschlichkeit zu verletzen. Ganze Dörfer, Schulgemeinschaften, Kirchenräte haben sich mit Familien solidarisiert, die seit Jahren hier sind, deren Kinder in Österreich geboren sind.

Nachdem selbst ausländerfeindliche Bevölkerungsgruppen einsehen mussten, dass man nicht mit Blaulicht bei Nacht und Nebel vorfahren und solche Familien abschieben kann, dass das zu weit führt (Bundesrätin Mühlwerth: ... Unterstellung!), hat die Regierung in ihre Regierungserklärung aufgenommen, die bestehende Regelung über


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