BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 56

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Der Verfassungsgerichtshof hat eine solche Regelung 1993 als inhuman und men­schenrechtsverletzend tituliert und damals aufgehoben. Jetzt führen wir wieder eine solche ein, wenngleich mit einer anderen Befristung: Man muss nämlich jetzt vor Ablauf diesen Antrag stellen, sonst muss man das Land verlassen – Belgrad lässt grüßen. Das ist ja aufgrund der EU-Staaten, die wir sozusagen rundherum haben, bald die einzige Möglichkeit: Ab nach Belgrad oder nach Sarajevo, um so einen Antrag zu stellen.

Das hätten wir alles mit ein bisschen mehr Verständnis, mit ein bisschen mehr Libe­ralität, mit ein bisschen mehr Grund- und Menschenrechtsverständnis, mit ein bisschen mehr christlicher Nächstenliebe besser lösen können. Wir zelebrieren im Dezember immer die Herbergsuche – nur: die Herbergsuche der heutigen Zeit zelebrieren wir nicht. Da sagen wir: Fahr’ doch nach Belgrad, vielleicht gibt es dort ein Zimmer, und dort kannst du einen Antrag stellen.

Es hätte alles ein bisschen eleganter, ein bisschen menschlicher zugehen können, aber ich konstatiere, Frau Bundesministerin, Schritte der Verbesserung sind auf jeden Fall drinnen. Und, Kollege Molzbichler: Ja, endlich ist die Gnadengeschichte weg, und es ist zumindest auch die Antragsform etwas Positives. – Danke. (Beifall der Bundesräte Kerschbaum und Dönmez.)

11.56


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster kommt Herr Bundesrat Dr. Kühnel zu Wort. – Bitte.

 


11.56.23

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus der Rede des Kollegen Schennach nehme ich mit, dass er das Gesetz in der Richtung gelobt hat, dass es keine Legalisierung der Illegalen gibt. – Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden.

Kollege Schennach hat allerdings dann in seiner Rede doch ein paar eigenartige Thesen vertreten – zumindest meiner Ansicht nach –, nämlich etwa, wenn Fristen gesetzt werden, dann braucht man diese eigentlich nicht einzuhalten. (Bundesrat Schennach: Nein! Habe ich das gesagt?) Da muss ich mich dann schon fragen, wie die Rechtssicherheit hergestellt werden soll, wenn Fristen in dem Sinne keine Fristen sind, und ob sich nicht der Staat hier in gewissem Maße ad absurdum führt.

Und zuletzt hat Kollege Schennach von der Nächstenliebe gesprochen. Damit hat er wahrscheinlich an das Christlich-Soziale der ÖVP appelliert. (Bundesrat Schennach: Weiß ich nicht! – Ich glaube, das ist schon längst vorbei, oder? – Heiterkeit. – Bundesrat Gruber: Das gibt es ja gar nicht mehr!) Das heißt, der Satz würde bedeuten: Alles verstehen heißt alles verzeihen. Wie man da nun die Rechtssicherheit sicherstellt, möchte ich Sie fragen, und ich hoffe, dass Sie hier einen für mich nachvollziehbaren Ansatz entwickeln können.

Frau Kollegin Mühlwerth hat in ihrer Rede wieder alle Klischees bemüht, die es bei den Freiheitlichen halt so gibt. Ich würde ihr nur empfehlen, sich die Unterlagen, die uns zur Verfügung stehen, doch ein bisschen zu Gemüte zu führen, damit sie etwas nachdenklicher wird und in der Lage ist, Altfälle von Neufällen und so weiter zu unterscheiden. – Das ist das eine.

Das Zweite ist: Die Gesetzgebung muss natürlich auf verschiedene Entwicklungen reagieren. Daher gibt es immer wieder Novellen, die einfach notwendig sind, denn: Was theoretisch beschlossen wird, muss sich in der Praxis nicht unbedingt bewähren. Und wenn sich etwas in der Praxis nicht bewährt, dann haben, verflixt noch einmal!, der Nationalrat und der Bundesrat entsprechend zu reagieren.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite