BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 65

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So sehr die Terrorismusbekämpfung heute von großer Bedeutung im Rahmen der inneren Sicherheit ist, so müssen doch die konkreten Maßnahmen, die vorgeschlagen und letztlich umgesetzt werden, auf ihre Auswirkungen auf die österreichische Verfas­sung und auf die österreichische Grundrechtssituation hin genauestens überprüft werden. Jeder einzelne Eingriff muss individuell bewertet werden können. Eine globale Zustimmung zu so schwerwiegenden Eingriffen ist einfach unvorstellbar.

So verwundert es mich ein wenig, dass die österreichische Position mit folgendem Satz zusammengefasst wird: „Österreich hat sich schon im Rahmen der Future Group erfolgreich in die Vorarbeiten zur Erstellung eines neuen Mehrjahresprogramms eingebracht “. – Eingebracht vielleicht, durchgesetzt offensichtlich nicht!

Da muss ich Sie schon fragen: Wer hat denn eine österreichische Position, die sich dann so auswirkt, formuliert? Und: Werden tatsächlich aus der Sicht Ihres Hauses mittelbar diese Eingriffe in unsere Verfassung und Grundrechtsordnung gebilligt? – Das ist im Übrigen nicht meine Privatmeinung. Der Datenschutzrat hat mit den Stimmen aller in diesem Gremium vertretenen politischen Gruppen eine ziemlich vernichtende Stellungnahme zu diesem Stockholmer Programm abgegeben.

Um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass es hier nicht um einen Einzelfall geht, möchte ich Ihnen, ohne Ihnen das jetzt vorzulesen, den heutigen Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ zur Lektüre empfehlen. Dieser Bericht handelt davon, was der amerikanische Heimatschutz von einem Partnerland, nämlich Österreich, mit der Drohung, andernfalls die Visumspflicht wieder einzuführen, abfordert. Es handelt sich dabei um Daten, die wirklich das ganze Spektrum umfassen, die dann – weil man ja weiß, dass Terroristen besonders langlebig sind – für die nächsten 99 Jahre ge­speichert werden sollen.

Ich möchte noch zwei andere Aspekte kurz ansprechen. Die Initiativen zur Erreichung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems sind auch von unserer Seite her äußerst zu begrüßen. Es muss einfach zu einem einheitlichen Verfahrensrecht im Bereich Asyl kommen. Und noch viel mehr: Es muss auch zu einem solidarischen Lastenausgleich innerhalb der Mitgliedstaaten der Union bei der Aufnahme von Asylwerbern kommen; auch wenn hier in Klammern anzumerken ist, dass jene Zeit, als Österreich in besonderem Maße von so einem Lastenausgleich profitiert hätte, vermutlich schon der Vergangenheit angehört.

Auf der anderen Seite sehe ich den Vorstoß, die Migration nach Europa auf euro­päischer Ebene zu regeln, als äußerst negativ an. Es muss den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, die Zuwanderung – nicht das Asyl – aus Drittstaaten nach eigenen Kriterien zu regeln und insbesondere auch den Zugang zum Arbeitsmarkt unter den jeweiligen, sich durchaus gelegentlich verändernden nationalen Kriterien zu gestalten. Nur so können die Bedürfnisse der österreichischen Gesellschaft im Bereich der Migration vorrangig berücksichtigt werden, wobei die im Regierungsprogramm vorgesehene Rot-Weiß-Rot-Card sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Es ist dies, wie gesagt, ein wertvolles Dokument, das auch Denk- und Debatten­anstöße gibt. Ich lade ein, diese Debatte intensiv fortzuführen, weil es hier wirklich um das Eingemachte der österreichischen Verfassungs- und Rechtsordnung geht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

12.35


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


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