BundesratStenographisches Protokoll770. Sitzung / Seite 45

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glaube, Ihnen allen, die sich mit Bildungspolitik beschäftigen, ist das Standesdenken so mancher AHS-Lehrer und -Lehrerinnen bewusst, die sehr wohl hier auf Differenzierung pochen. Also, ich bin gespannt. Das Ziel ist klar; die Umsetzung, denke ich, wird etwas schwierig.

Der dritte und entscheidende Punkt ist für mich die Verantwortung am Schulstandort – ich habe es schon kurz angesprochen. Das beginnt bei der Qualifikation der Schullei­ter. Und ich formuliere das jetzt auch hier einmal ganz salopp: Der längst dienende Lehrer, die längst dienende Lehrerin, das engagierteste Gewerkschaftsmitglied und die Frage des Parteibuches sollten nicht die Qualifikationskriterien sein – keine Ausschlie­ßungsgründe, aber nicht die Qualifikationskriterien! (Allgemeiner Beifall.)

Wenn wir uns – und die Weichenstellung haben wir mit den Bildungsstandards vorge­nommen – zu einer Qualität der öffentlichen Schulen bekennen, und das müssen wir, denke ich, wenn wir hier einen starken öffentlichen Sektor haben wollen, wenn wir also diese Qualität am Schulstandort sichern wollen – Bildungsstandards, Feedback-Gespräche –, dann braucht der Schulleiter Personalverantwortung. Es kann ja nicht sein, dass ein Schulleiter sich sein Lehrerteam nicht aussuchen kann. Und es kann ja auch nicht so sein, wie ich das immer wieder aus der Praxis höre – weil das Thema Schulentwicklung angesprochen wurde –: Die schulautonomen Tage sind ja auch heute nicht Urlaubstage für die Lehrerinnen und Lehrer, aber ich höre von Direktoren, dass, wenn sie zum Beispiel zu einer Sitzung einladen, kein Lehrer, keine Lehrerin kommt.

Wenn man hier nicht auch – und ich sage das ganz bewusst – Mittel der Disziplin, der Verantwortung, der Leitung hat, dann kann es nicht gelingen. Im unternehmerischen Bereich führt das früher oder später zur Insolvenz; im öffentlichen Bereich führt das – ich bedauere, das so sagen zu müssen – zu Verwahrlosungszuständen. Und das wi­derspricht klar den Qualitätsanforderungen, die wir an Schule stellen müssen – im Interesse der Kinder. (Beifall bei Bundesräten der SPÖ sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Ein weiterer Punkt – ich habe ihn schon angesprochen; er hängt auch mit Leitung zu­sammen, Leitung, Verantwortung – ist die Frage der Flexibilität hinsichtlich Ressour­ceneinsatz, aber auch hinsichtlich Budget. Hier müssen wir den Schulen Verantwor­tung und entsprechende Spielräume geben. Das heißt ja nicht, dass es an jeder Schu­le eine Personalabteilung geben muss oder an jeder Schule eine Bauabteilung geben muss – dafür gibt es ja Landesschulräte, später vielleicht einmal Bildungsdirektionen, wo Kompetenzen gebündelt sind –, aber die Verantwortung, die Leitung muss klarge­legt werden.

Ich glaube auch, dass es sinnvoll ist – ähnlich wie wir das im Leitungsbereich im öffent­lichen Dienst ja schon machen –, dass Schulleiter einmal auf fünf Jahre bestellt wer­den, dass man sich natürlich wieder bewerben kann, aber dass Leitungsfunktionen eben auf Zeit vergeben werden. (Beifall bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

Vierter Punkt: Thema Verwaltungsreform. – Es gibt ein gutes Grundlagenpapier, vom Präsidenten des Rechnungshofes, von Wirtschaftsforschern ausgearbeitet. Wenn ich ganz ehrlich bin: Den großen Wurf erwarte ich hier nicht. Ich glaube, es gibt natürlich viele sachlogische Argumente, es gibt schon viele fertige Konzepte, wie Schulmanage­ment, Schulverwaltung ideal ausschauen kann. Wir sollten hier – und wir werden es spüren, denke ich, im Verlauf der Diskussion – nicht unterschätzen, wie hier auch machtpolitisch gedacht und letztlich entschieden wird. Das heißt – ganz offen gespro­chen –, von der Verfassungs- und Verwaltungsreform erwarte ich mir in nächster Zeit nicht die großen Reformschritte.

 


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