BundesratStenographisches Protokoll771. Sitzung / Seite 70

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beziehungsweise ist abgesprungen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Wir haben die nötigen drei Unterschriften nicht erbracht. Das ändert aber natürlich nichts an der inhaltlichen Kritik an diesem Kassenpaket, die ich Ihnen kurz erläutern darf. (Bundesrat Schen­nach: Wir hätten aber die eine Stimme gerne ausgeborgt!)

Es handelt sich dabei natürlich nicht, wie Kollege Einwallner heute in einer Aussen­dung formuliert hat, um Populismus oder um Unredlichkeit – ich war etwas überrascht, dieses Wort von ihm zu hören –, sondern es sind eindeutig sachliche Argumente, die wir ins Spiel werfen. Es sind vor allem verfassungsrechtliche Bedenken, die wir gegen dieses Kassenpaket haben.

Unter anderem soll mit diesem Paket die gebundene Rücklage im Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkasse – und um diesen geht es in unserer Kritik hauptsächlich – in der Höhe von rund 42,5 Millionen € aufgelöst und die Mittel nach dem Abzug eines für
die Wiener Gebietskrankenkasse vorgesehenen Betrages von 33 Millionen € an die übrigen Gebietskrankenkassen aufgeteilt werden. Dieser Betrag von 33 Millionen € entspricht exakt jenem Betrag, der 2008 der Wiener Gebietskrankenkasse gestundet wurde.

Dieser Betrag von 33 Millionen € entspricht aber nicht jenem Betrag, der der Wiener Gebietskrankenkasse zukäme, wenn die 42,5 Millionen € aus der Rücklage entspre­chend den allgemeinen Verteilregeln aufgeteilt würden, denn in diesem Fall kämen
der Wiener Gebietskrankenkasse lediglich 14 dieser 42,5 Millionen € zugute. (Bundes­rat Mag. Klug: So kann man das auch nicht rechnen!)

Wir haben hinsichtlich dieser Aufteilung der Katastrophenmittel, wie gesagt, große ver­fassungsrechtliche Bedenken, vor allem was den Gleichheitsgrundsatz betrifft. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in den 1990er Jahren in einem Erkenntnis festge­halten und klargestellt – ich darf mit Erlaubnis des Herrn Vizepräsidenten aus diesem Erkenntnis zitieren –,

dass der Gesetzgeber angesichts des allgemeinen, aus dem Gleichheitssatz erfließen­den Sachlichkeitsgebots verpflichtet ist, eine mehreren Sozialversicherungsträgern ge­meinsam auferlegte Finanzierungslast intern nach sachlichen Kriterien aufzuteilen. – Zitatende.

Der VGH hat weiters festgestellt, dass es ihm aufgrund des Gleichheitssatzes verwehrt ist, Bestimmungen zu schaffen, die im Ergebnis bestimmte Krankenkassen systema­tisch benachteiligen und andere Kassen privilegieren. – So weit das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes.

Was also aus unserer Sicht für eine gemeinsam auferlegte Finanzierungslast gilt, muss wohl im Umkehrschluss in gleicher Weise auch für die Auflösung eines gemeinsam fi­nanzierten Fonds gelten – oder, wie in diesem Fall, für die Rücklagen aus solch einem Fonds. Die Aufteilung der Mittel hat daher aus unserer Sicht nach sachlichen und nicht, wie Kollege Einwallner meint, nach populistischen oder gar unredlichen Kriterien zu er­folgen; insbesondere darf sie nicht derart vorgenommen werden, dass bestimmte Kas­sen privilegiert und andere benachteiligt werden.

Diese massive einseitige Privilegierung der Wiener Gebietskrankenkasse kann auch nicht, wie wir heute schon gehört haben, mit dem Argument von unterschiedlichen Strukturen abgetan werden. Auch andere Gebietskrankenkassen werden gleich behan­delt und haben auch strukturelle Unterschiede. Das kann also kein sachliches Argu­ment zur Bevorzugung der Wiener Gebietskrankenkasse sein.

Das Land Vorarlberg wird deshalb auch eine Verfassungsklage einbringen. Diese wird, sobald das Gesetz kundgemacht werden sollte, sowohl von der Gebietskrankenkasse in Vorarlberg als auch vom Land Vorarlberg an sich eingebracht werden. (Bundesrat Mag. Klug: Das müssen wir abwarten!)

 


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