BundesratStenographisches Protokoll771. Sitzung / Seite 83

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dass in einer Länderkammer der Föderalismus derartig überstrapaziert wird, denn es ist so, dass bei einer einzelnen Maßnahme, nämlich bei der Auflösung des Katastro­phenfonds, von 42 Millionen € die Vorarlberger Gebietskrankenkasse 600 000 € ohne­dies bekommt und dass die 33 Millionen € in Wahrheit auf eine Stundung zurückzufüh­ren sind, die die Trägerkonferenz Anfang 2008 beschlossen hat.

Wir müssen uns natürlich irgendwann einmal die Frage stellen: Wie wollen wir denn die Sozialversicherung verwaltet haben? Wollen wir immer dann, wenn es irgendwo eine kleine Geschichte gibt, die uns nicht passt, als Politiker sagen: Das brauchen wir nicht, jetzt brauchen wir etwas anderes!, oder wollen wir, wie ich den Worten der Frau Präsi­dentin entnehmen konnte – sinngemäß übersetzt: dass wir davon überzeugt sind –, dass auch die Krankenversicherung im Bereich der Selbstverwaltung grundsätzlich in guten Händen ist?

Das muss man sich, glaube ich, gut überlegen. Summa summarum halte ich es für ein enormes Risiko, wenn man diesen Weg beschreitet.

Im Übrigen möchte ich zur Klassifizierung „gute Kassen“ und „schlechte Kassen“ sa­gen: So etwas gibt nicht, es gibt aber qualitative Unterschiede! Qualitative Unter­schiede gibt es zum Beispiel dort, wo die Funktionärinnen und Funktionäre es selbst in der Hand haben, wie viel an Beitragsaufkommen für die Versicherten pro einzelne Maßnahme an die Ärzte überwiesen wird.

Mir liegt in diesem Zusammenhang eine Statistik vor, die besagt, dass die Wiener Ge­bietskrankenkasse die zweitsparsamste Kasse österreichweit in Bezug darauf ist, was Vertragsärzte pro Patient und Quartal von den Krankenkassen bekommen, und zwar mit 44,11 €. Die Vorarlberger Gebietskrankenkasse ist mit 50,05 € die drittausgaben­freudigste Gebietskrankenkasse in ganz Österreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, es tut mir leid, aber ich möchte wirklich sagen – ohne dass ich mich für diese detaillierte Darlegung der Krankenversicherung entschuldigen möchte –: Das war die Sache wert, denn ich weiß, welche Schwierigkei­ten sie in der Vorbereitungsphase zum Budgetbegleitgesetz 2009 für uns alle bedeutet hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob das gesamte Kassensanierungspaket verfas­sungswidrig ist oder nicht, wird für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof dies zu entscheiden hat, ohnedies mit Erkenntnis festgestellt.

Kollege Brunner hat in seinen Ausführungen auch auf die ständige Judikatur des Ver­fassungsgerichtshofes hingewiesen. Sie waren – ich erlaube mir das jetzt im Nachhi­nein zu sagen – vielleicht nicht so ausführlich, dass man zu dem Schluss kommen könnte, dass ein Ausgleich innerhalb eines Trägers – und darum handelt es sich! – sachlich gerechtfertigt ist und dafür gute Gründe vorliegen.

Letztlich muss man sagen: Wenn sich die Politik im Zuge der Gesetzgebung stunden­lang darüber den Kopf zerbrechen würde, ob eine Gesetzesmaterie tatsächlich zu 100 Prozent verfassungskonform ist, dann würden wir noch lange weiter diskutieren.

Die Sozialdemokratie steht nach Beratungen mit Expertinnen und Experten auf dem Standpunkt, dass dieses Kassensanierungspaket verfassungskonform ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich jetzt meine Ausführungen zum Kassensanierungspaket. Es war durchaus angenehm, hier einmal als vierzehnter Red­ner zu replizieren. (Die Bundesräte Ertl und Mühlwerth betreten den Sitzungssaal.) Ich darf recht herzlich die beiden Vertreter der Oppositionspartei FPÖ begrüßen! (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

 


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