BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 85

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13.17.55

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Grüne, Niederösterreich. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bundesrat Perhab: Das ist jetzt kein Sammel­gesetz!) – Das ist kein Sammelgesetz. Es gibt aber leider trotzdem Gründe, diesem Gesetz nicht unsere Zustimmung zu geben.

Ich habe vorhin vorgeschlagen, dass wir uns jetzt nur mehr bei Gesetzen zu Wort melden werden, denen wir nicht zustimmen, um zu begründen warum. Wenn ihr das auch so haltet, dann sind wir heute superschnell! Das könntet ihr vielleicht auch so handhaben. (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.) Ihr müsst euch auch daran halten! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Novelle des UVP-Gesetzes lehnen wir auch ab.

Sie geht auf ein drohendes Vertragsverletzungsverfahren zurück: Die Kommission hat beanstandet, dass schutzwürdige Gebiete im österreichischen UVP-Gesetz zu wenig berücksichtigt sind. Die Liste der schutzwürdigen Gebiete und der Schwellenwerte in den schutzwürdigen Gebieten wurde nun aufgrund dieses drohenden Vertrags­verlet­zungsverfahrens erweitert.

Das ist einerseits positiv. Diese erzwungenen Änderungen führen zwar zu mehr Um­welt­verträglichkeitsprüfungen, allerdings auch zu mehr verkürzten Verfahren, und ver­kürzte Verfahren bedeuten, dass dabei weder Bürgerinitiativen noch NGOs Par­teien­stellung haben. Man gesteht zwar zu, dass gewisse Projekte in schützenswerten Gebieten mehr Umweltschäden anrichten können, dass das heikler ist und dass man da eher untersuchen muss. Man sperrt aber diejenigen von dieser Untersuchung aus, die Probleme mit diesen Projekten haben, nämlich Bürgerinitiativen und NGOs.

Ein weiteres Problem, das für uns mit dieser Novelle wieder nicht gelöst wurde, ist, dass es den Rechtsschutz für NGOs in Verfahren nicht wirklich gibt und dass Be­scheid­auflagen im Nachhinein nicht mehr wirklich kontrolliert werden.

Das gilt vor allem für die verkürzten Verfahren, gilt aber in Wirklichkeit leider auch für die normalen, für die „ausgiebigen“ UVP-Verfahren.

Im Prinzip sollte ein Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren den Sinn haben, das Allgemeingut der Umwelt vor allzu zerstörerischen Eingriffen durch Projekte Einzelner zu schützen; dies besonders in sensiblen Gebieten. Wäre der Bundesregierung tat­sächlich daran gelegen, in diesem Bereich Verbesserungen zu schaffen, dann hätte man auch mit NGOs und Bürgerinitiativen darüber reden können, wo die Probleme liegen und was bei einem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verbessert werden müsste. Offensichtlich war dies nicht der Wille der Bundesregierung, sondern nur die Verhinderung von Vertragsverletzungsverfahren. Aber der Wille, in diesem Land sinnvolle Umweltverträglichkeitsprüfungen zu schaffen, ist nicht gegeben.

Im Prinzip ist es so – ich habe diesbezüglich einiges miterlebt –, dass die Wirtschaft oder auch das Bundesministerium, ASFINAG et cetera, Einrichtungen, die eben Groß­projekte planen, Umweltverträglichkeitsprüfungen leider immer als störend, aufhaltend und sonstiges sehen, und viel weniger als Vorprüfung des Projekts, durch die geklärt werden kann, wo Probleme auftreten können und was geändert werden soll, damit ein Projekt umweltverträglich gestaltet werden kann.

Das ist auf der einen Seite das Problem, dass eben Projektwerber Umweltverträglich­keitsprüfungen nur als „Pfui gack!“ erleben.

Auf der anderen Seite ist es so, dass Bürgerinitiativen und NGOs bei der Umweltverträglichkeitsprüfung immer wieder sachliche Argumente vorbringen, diese sachlichen Argumente inzwischen ja auch schon durch Gutachten untermauern müs-


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