BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 89

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13.33.06

Bundesrat Johann Ertl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann mich den Ausführungen von Frau Kollegin Kerschbaum inhaltlich nur anschließen und möchte sagen: Es ist kein Geheimnis, dass viele Organisationen beklagen, dass es im UVP-Verfahren keine Ergebnisoffenheit gibt; so gut wie jedes Verfahren wird positiv abgeschlossen. Das bringt natürlich auch eine immense Zeitverzögerung mit sich. Öffentlichkeitsarbeit ist in vielen Bereichen eine notwendige und oft lästige Pflichtübung. Dabei zeigt gerade der letzte UVP-Bericht auf, dass im Zusammenhang mit Trassenvorhaben die Verfahrens­dauer halbiert werden konnte, die Verfahrensdauer bei Anlagenvorhaben aber gleich geblieben ist.

Mit der gegenständlichen Gesetzesnovelle werden jedoch Parteienrechte einge­schränkt und diesen wird die Schuld an der langen Verfahrensdauer gegeben. Es gibt aber auch andere, die ein Verfahren verzögern, so zum Beispiel, wenn ein Projekt­werber Unterlagen nicht vollständig einreicht – und Tatsache ist auch, dass Behörden Verfahren verschleppen.

Seitens der Wirtschaft ist es jedenfalls zu begrüßen, dass die Verfahrensdauer verkürzt wird, jedoch ändert sich dadurch nichts an den strukturellen Problemen. Und es war doch auch bis dato so: Wenn ein Bundesland ein Projekt gewollt hat, hat das Land dafür gesorgt, dass das UVP-Verfahren rasch durchgezogen wurde, dass aber auf der anderen Seite, wenn ein Bundesland ein Projekt nicht wollte, jede Verzögerung zuge­lassen wurde.

Das würde doch einen Anreiz darstellen, einmal zu überlegen, ob man UVP-Verfahren nicht bereits in der Planungsphase starten sollte; dann könnte ein UVP-Verfahren die Planung des Projekts sozusagen bereits begleiten und man könnte so wesentlich mehr Zeit gewinnen.

Diese Gesetzesnovelle aber macht uns unglaubwürdig, was Österreichs Umweltpolitik betrifft, wenn man beispielsweise nur bedenkt, welche Position Österreich zur Atom­kraft hat – und dann kommt ein Gesetz wie dieses zur Anwendung. So wird Österreich unglaubwürdig, was die Position unseres Landes Temelín gegenüber betrifft, was Österreichs Position Tschechien gegenüber und ebenso in Bezug auf die Atomkraft selbst betrifft.

Mit diesem Gesetz wird Österreich sozusagen zu einem verlängerten Arm einer Gruppe von Lobbyisten gemacht, die es sich offenbar immer noch richten kann, wie sie es braucht. (Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Es kann doch nicht angehen, dass zwar der kleine Häuslbauer alle Auflagen Punkt für Punkt erfüllen muss, hier aber ein Gesetz beschlossen wird, wo alles anders ist, denn: Mit dieser UVP-Gesetzesnovelle wird die völlige Zersplitterung eines Projekts einge­räumt, bis es sozusagen unter dem Schwellenwert liegt. So etwas hatte doch bereits negative Auswirkungen bei einem Hochhausprojekt in Wien, ebenso beim Flughafen­projekt. Wenn Projekte nicht mehr zusammengeführt werden, hat das schwerwiegende und weitreichende Folgen. (Präsident Preiner übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, denken Sie doch nur an den Ausbau des AKW Temelín: Stufe 1 und Stufe 2 – und jetzt stehen Ausbaustufe 3 und 4 bevor. Wenn es nach diesem unserem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geht, brauchen diese Stufen nicht mehr zusammengezählt zu werden, denn nach der Diktion dieses Gesetzes ist dieses Projekt ein ganz neues. – Wo ist denn da bitte die Logik?!

 


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