BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 90

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Mit diesem Gesetz wird Österreich kein guter Dienst erwiesen, denn unter dem Deck­mantel Verfahrensbeschleunigung wird nur eines betrieben: die Verminderung von Bürgerinnen- und Bürgerrechten in Österreich – und das ist nicht in Ordnung!

Mit diesem Gesetz werden in Zukunft nur Probleme für Österreich selbst geschaffen, also keinesfalls eine gute Ausgangsposition für unsere Kinder – und daher lehnen wir diese Novelle ab. (Beifall bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.37


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Ing. Bock. Ich erteile es ihm.

 


13.37.54

Bundesrat Ing. Hans-Peter Bock (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wohl nicht sehr viele Gesetze, die so polarisiert diskutiert werden wie das UVP-Verfahren – oder auch, wenn es um den Umweltschutz geht.

Meine Vorredner haben ja bereits ihre Standpunkte dargelegt: auf der einen Seite Unter-Schutzstellung von allem, was nur möglich ist, auf der anderen Seite aber die Diskussion beziehungsweise der Vorwurf, es werde alles verhindert, was die Wirtschaft zu Gunsten von Arbeitsplätzen sowie der Entwicklung in Österreich schaffen möchte.

Die Wahrheit liegt – und das beweist ja auch diese Gesetzesvorlage – in der Mitte, und ich erlaube mir jetzt, Ihnen Folgendes zu erzählen:

Vor Kurzem war ich bei einer Feier, und zwar ging es da um die 100-Jahr-Feier des Brandenburgerhauses oberhalb des Gepatschferners im Kaunertal – und in diesem Zusammenhang habe ich mir den Baubescheid angeschaut, der damals ausgestellt wurde. Dieser hat einen Inhalt von nicht ganz einer halben A4-Seite, wo der Bür­germeister festgestellt hat, dass es keinen Einwand gegen diesen Bau gibt. Das war vor hundert Jahren.

Ich habe mir auch die Mühe gemacht, den Baubescheid betreffend ein Kraftwerk aus dem Jahre 1956 hervorzuholen und in diesen Unterlagen nachzulesen, was relativ schnell ging, weil auch da der Inhalt nicht besonders umfangreich war: Innerhalb von zwei Tagen wurde der Bau eines Kraftwerks, das in etwa ein Sechstel der Tiroler Strom­produktion liefert, verhandelt und auch abgeschlossen, obwohl drei Monate, bevor diese Verhandlung stattfand, die Entnahmestelle um ein paar Kilometer verändert wurde, ebenso die Abarbeitungsstelle. Das ist damals also relativ schnell gegangen.

Ich möchte beide Sachen erwähnen: Beide sind nicht richtig. Damals gab es überhaupt keine Bürgerbeteiligung. Davon war damals keine Rede.

Das Grenzkraftwerk Inn, das derzeit mit den Schweizern in Verhandlung ist, hat mein Kollege Keuschnigg bereits erwähnt. Was die Unterlagen, die in den fünfziger Jahren notwendig waren, betrifft, so hat der Bescheid für das Kraftwerk gerade einmal um die 30 Seiten umfasst, die Unterlagen betreffend die Vorbereitungsarbeiten für das Grenzkraftwerk Inn bei Weitem mehr, und zwar über 4 000 Seiten.

Man soll bei der vorliegenden Novelle nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, und man kann der Lobby, die alles nur verhindern will, sagen, dass auch das zu verhindern ist. (Bundesrätin Kerschbaum: Was ist denn schon verhindert worden?) Wir leben in Österreich in einem Rechtsstaat, und wir verlassen uns auf unsere Sachverständigen. Die Bürgerbeteiligung ist auch im neuen Gesetz gut enthalten, sie ist sogar aus­gezeichnet darin enthalten.

 


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