BundesratStenographisches Protokoll774. Sitzung / Seite 197

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Daher ist der nun vorliegende Entwurf auch keine Abstumpfung, wie Sie das bezeich­net haben, sondern eine Klarstellung, eine Präzisierung von Bestimmungen und in einigen Bereichen auch eine Verschärfung der bestehenden Tatbestände mit dem Ziel, die wirkliche Korruption entsprechend zu bekämpfen.

Die Frau Bundesminister hat mich gebeten, in aller Deutlichkeit festzustellen, dass sie sich hier nicht auf Anraten oder Anregung der Lobbys betätigt, sondern um diese Prä­zisierungen auch im Sinne der jeweiligen Rechtsbetroffenen durchführen zu können.

Es gilt daher in der Folge in dieser Novelle einige Begriffe klarzustellen, wie etwa denjenigen des „Amtsträgers“. Für öffentliche Aufgaben gibt es nunmehr eine ge­nauere dreistufige Definition des Amtsträgerbegriffes, wo man Schritt für Schritt prüfen kann, ob die Voraussetzungen des Amtsträgerbegriffes vorliegen oder nicht.

Auch der unterschiedliche Unrechtsgehalt zwischen pflichtwidrigen und pflicht­ge­mäßen Handlungen, der im geltenden Gesetz überhaupt nicht zum Ausdruck gekom­men ist, wird nun präzisiert. Man muss jetzt unterscheiden, ob man sich im Bereich eines Amtsgeschäftes mit Leistung und Gegenleistung oder im Bereich der Anfütterung befindet. Im Amtsgeschäftsbereich muss man wiederum unterscheiden zwischen pflicht­widrigem und pflichtgemäßem Verhalten. Im Zusammenhang mit einem pflicht­widrigen Verhalten darf man nicht einmal eine Kleinigkeit annehmen, bei einem pflicht­gemäßen Verhalten orientieren wir uns nun am Dienstrecht.

Ich darf das an einem Beispiel konkret darstellen. Ein Bauwerber lädt den zuständigen Beamten zum Abendessen ein und bittet ihn dabei um ein rasches Verfahren. – Das ist pflichtwidriges Verhalten. Pflichtgemäß ist es, alle Verfahren der Reihe nach zu behandeln. (Bundesrat Kneifel: Die Gemäßheit heißt lange Verfahrensdauer!)

Ein anderes Beispiel: Sie verlieren Ihren Reisepass, gehen zur Behörde, um sich einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen. Sie geben dem Beamten eine Bonbonniere, dieser behandelt aber Ihren Antrag ganz normal. – Dann handelt es sich um ein pflicht­gemäßes Verhalten. Der Beamte kann also das kleine Präsent durchaus annehmen, außer das Dienstrecht spricht dagegen. Ob also die Präzisierung auch die Erleich­terung bringt, ist im konkreten Fall zu interpretieren.

Das heißt zusammengefasst: Bei pflichtwidrigem Verhalten ist das Anfüttern verboten, bei pflichtgemäßem Verhalten kommt das Dienstrecht zum Tragen. So wird auch erreicht, dass es zu einem Gleichklang zwischen Dienst- und Strafrecht kommt. Der Grundsatz lautet: Wenn der Dienstgeber nicht will, dass der Amtsträger einen Vorteil für pflichtgemäße Amtsgeschäfte annimmt, muss er das entsprechend zum Ausdruck bringen. (Bundesrat Schennach: Und das soll jemand durchschauen!) – Wenn Sie genauer aufpassen, werden Sie keine Schwierigkeiten haben, das zu vollziehen. (Heiter­keit bei ÖVP und SPÖ.)

Als vorbereitendes Anfüttern – ich bin noch gar nicht fertig (neuerliche Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) – ist nur strafbar, was zur Beeinflussung zur Pflichtwidrigkeit dient.

Zur Frage der Sozialadäquanz stellen Sie sich drei Felder vor. Das erste enthält die dienstrechtlichen Verbote, das dritte diejenigen Vorteile, die das Dienstrecht aus­drücklich erlaubt, das zweite Feld liegt dazwischen. Dort enthält das Dienstrecht keine ausdrücklichen Bestimmungen. Es kann nie sozial adäquat sein, Vorteile für Pflicht­widrigkeiten anzunehmen. Es kann auch nie im redlichen amtlichen Verkehr sozial adäquat sein, Vorteile gegen ein ausdrückliches dienstrechtliches Verbot anzu­nehmen. Alles andere ist ohnedies nicht strafbar. Deshalb benötigt man keine eigene Bestim­mung für die Sozialadäquanz mehr. Sie ist in anderen Bestimmungen enthalten.

 


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