BundesratStenographisches Protokoll776. Sitzung / Seite 60

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

die Therapiemöglichkeit finanziell ausgehungert wird. De facto haben wir in Oberöster­reich die Situation, dass das Projekt – es gibt ohnehin nur eines –, das sich genau auf diese traumatisierten Flüchtlinge spezialisiert hat, de facto die Tore zusperren muss, weil die Finanzierung nicht mehr vorhanden ist, und da frage ich mich schon, wie es um die Menschlichkeit bestellt ist.

Gerade bei Jugendlichen, die meistens schwer traumatisiert sind, gibt es ein Betreu­ungsschlüssel von ungefähr 1 : 9 und einen Tagsatz von 60 €. Liebe KollegInnen, die niedrigsten Tagsätze bei der Jugendwohlfahrt fangen bei 100 € an. Alleine daran sieht man schon, mit welcher Wertigkeit man sich diesem Bereich widmet, welche Rahmen­bedingungen für die Leute, die in diesem Bereich tätig sind, herrschen. (Bundesrätin Mühlwerth: Manche in Österreich haben weniger!) – 60 € Tagsatz für die Einrichtung. Zeigen Sie mir eine einzige Einrichtung, liebe Kollegin, die mit diesen Tagsätzen arbei­tet! Ich rede nicht von den Leuten. Wenn Sie meinen, was die Leute zur Verfügung gestellt bekommen, dann ist der höchste Tagsatz 290 € pro Person für Unterkunft und Hygieneartikel, und das liegt deutlich unter den Sozialhilfesätzen.

Aber zu einem anderen Punkt: die Schubhaft. Dazu kann man jetzt stehen, wie man will. Wenn man ein funktionierendes Asylwesen haben möchte, dann gehört auch die Schubhaft dazu. Aber da stellt sich die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen.

Tut es Not, dass Menschen bis zu zehn Monate eingesperrt sind – womöglich in Ein­zelhaft –, fast keinen Ausgang haben, eine schlechte medizinische Versorgung haben und dass Familien auseinandergerissen werden, Kinder und Jugendliche in der Schub­haft sitzen, teilweise Menschen in der Schubhaft sterben? Und es gibt da keine politi­sche Verantwortlichkeit! Da wird zur Tagesordnung übergegangen as usual. Das sind doch Entwicklungen, die mich sehr bedenklich stimmen. Ich glaube auch kaum, dass man mit jeder Veränderung, die in diesem Bereich bisher stattgefunden hat, wirklich an den richtigen Schrauben dreht.

Man dreht an den Schrauben, die die Situation für beide Seiten eigentlich eine immer unerträglichere werden lässt. Hier kann ich noch ein Beispiel anführen: Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum Asylwerber, die zu einem Asylverfahren zugelassen wor­den sind, keinen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen, damit sie sich ihren Lebensun­terhalt selbst verdienen. Es ist doch menschlich und auch ökonomisch gesehen ein Irr­sinn, dass wir uns zigtausende Saisonarbeitskräfte Jahr für Jahr ins Land hereinholen, die das Geld in Österreich erwirtschaften und die Wertschöpfung wieder ins Ausland transferieren, aber gleichzeitig die Asylwerber in Österreich, die arbeitswillig und arbeits­fähig sind, vom Arbeitsmarkt fernhalten.

Das, bitte, versteht keiner. Das ist menschlich und auch ökonomisch nicht nachvoll­ziehbar. Ich würde auch Sie, liebe Kollegen und Kolleginnen, ersuchen, diese Diskus­sion, diesen Gedankenanstoß in Ihren Fraktionen aufzunehmen, denn da gehört wirk­lich etwas geändert, denn das verstehen weder die Asylwerber noch die Österreiche­rinnen und Österreicher. Im Gegenteil, es schürt noch mehr Ressentiments, wenn man zuschauen muss, dass der Durchschnittsbürger „hackeln“ geht, und die sitzen den gan­zen Tag herum. Da könnten wir schon im Vorfeld viel Spannung herausnehmen, wenn wir das angehen.

Nichtsdestotrotz – um wieder ganz kurz auf den Tätigkeitsbericht zurückzukommen –: Die Gesamtjahreskapazität ist auf 16 000 ausgerichtet worden. Im Ausschuss habe ich erfahren, dass der Rucksack an UBAS-Verfahren abgebaut wird. Zurzeit sind noch in etwa 14 500 Verfahren offen. Es ist angepeilt, dass diese bis 2011 abgebaut werden und dann das Verfahren von der Antragstellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht länger als 18 Monate dauern soll.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite