BundesratStenographisches Protokoll777. Sitzung / Seite 61

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12.13.14

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Lieber, geschätzter jugendlicher Altpräsident Pehm – eine große Freude, dich hier in unserer Mitte zu sehen! Das erin­nert an gemeinsame Jahre. Es ist jetzt eine gewisse Herausforderung, als erster Nicht-Burgenländer das Rednerpult in Besitz zu nehmen; aber wir werden das schon irgend­wie hinbekommen.

Der Herr Landeshauptmann hat über die Chancen der Regionalität für die Zukunft ge­sprochen. Ich möchte das besonders unterstreichen, denn der Begriff, den es in einem größer werdenden, mobileren Europa für uns neu zu erstreiten gilt, wird der Heimatbe­griff sein, ein Heimatbegriff, der sich nicht mehr so sehr nationalstaatlich abarbeitet, da wir ja Europäer und Europäerinnen in der ersten Identität sind. Deshalb ist die Regio­nalität als eine neue fundamentale Wurzel des Heimatbegriffes von besonderer Bedeu­tung.

Das kann unterschiedlichste Prozesse auslösen. Der Herr Landeshauptmann hat ganz besonders zum Beispiel den Bildungsbereich herausgenommen oder den Tourismus­bereich, den Wirtschaftsbereich. Das heißt, wir schaffen hier einen neuen Heimatbe­griff, einen ganz positiven, nämlich: Heimat muss immer an die Wurzeln heranführen und darf nicht so sehr im Überbau hängen bleiben, denn dann wirkt das auch in der Identität viel stärker.

Es muss sich auch die Regionalität nicht immer nur auf die Landesgrenzen beschrän­ken. Da zeigt das Burgenland, dass es eine interessante Nachbarschaft mit Ungarn oder mit der Slowakei auch lebt und dass diese Grenzen, die einst – wie der Herr Lan­deshauptmann selbst, beim eigenen Aufwachsen, erlebt hat – unüberwindlich schie­nen, nun eigentlich Spaziergangsgrenzen geworden sind oder so mancher Fitnesspar­cours über frühere Grenzen spielend hinwegturnt.

Das hat mich immer fasziniert, weil man sich Identitäten nicht so leicht erarbeitet. Kolle­ge Schnider und ich kommen aus zwei Bundesländern, Steiermark und Tirol, die jahr­hundertelange Identitätsaufarbeitungen und ‑aufbau hatten und in denen diese Identi­täten festgemeißelt sind. Das Faszinierende ist, dass die Identität ... (Bundesrat Mitte­rer: ... in Kärnten!) – Ich habe nur zwei genannt; wir können jetzt alle Bundesländer ab­arbeiten, müssen das aber nicht tun. Ich habe jetzt nur zwei besonders starke Identitä­ten herausgehoben.

Was mir aber besonders aufgefallen ist – und das ist jetzt mein Kotau an das Burgen­land –, ist, dass es dem jüngsten Bundesland, das ja eigentlich eine Art „Restlverwer­tung“ von Westungarn war, in so kurzer Zeit gelungen ist (Zwischenrufe bei der ÖVP) – na ja, bitte, rein historisch gesehen ist es so –, diese burgenländische Identität so ein­deutig zu schaffen: „Ich bin Burgenländer“, „Ich bin Burgenländerin“, das sagen ja die Leute mit einem gewissen Stolz. Den sollen sie auch haben, weil das Burgenland auch eine Erfolgsgeschichte ist. Es muss irgendetwas Panonnisches dabei sein, dass es in so kurzer Zeit gelungen ist, diese Identität zu erarbeiten. Und deshalb auch ein Kompli­ment, dass das gelungen ist.

Nun sind zwei oder drei Dinge vielleicht noch hervorzuheben. Identitäten kann man auch relativ einfacher haben, aber das Burgenland ist vor einer schwierigen Aufgabe gestanden, nämlich multiethnisch eine Identität zu finden, was sich auch in der Mehr­sprachigkeit ausdrückt, in den Ortstafeln zum Beispiel, oder in der Ausbildung in Kroa­tisch, Ungarisch und Deutsch. Das ist in diesem Bundesland ohne große Auseinander­setzungen gelungen, als eine Selbstverständlichkeit des Lebens.

Nicht zu vergessen ist dabei die vierte Volksgruppe, die jüngste Volksgruppe unserer Republik, die im Burgenland auch stark verankert ist, nämlich jene der Roma und Sinti.


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