BundesratStenographisches Protokoll777. Sitzung / Seite 108

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uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen – bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten.“

Diese bemerkenswerte Rede hatte zur Folge, dass im Jahr 1998 die Historikerkommis­sion eingesetzt und der einstimmige Beschluss über das Bundesgesetz zur Rückgabe von Kunstgegenständen gefasst wurde. Die zehnjährige Praxis dieses Gesetzes hat gezeigt, dass manche Bestimmungen zu eng gefasst sind, vor allem in Hinblick auf das Ziel einer vollständigen Rückgabe bedenklicher Bestände von Kunstgegenständen und sonstigen beweglichen Kulturgütern im Eigentum des Bundes.

Was geraubt worden ist, muss zurückgegeben werden! Es kann keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit geben. Die Vergangenheit wirkt immer in die Zukunft, auch verdrängte Vergangenheit wirkt weiter. Wir müssen uns mit der Verantwortung und un­serer Vergangenheit auseinandersetzen und zu einer anständigen Lösung kommen.

Wir Sozialdemokraten werden diesem Gesetzesbeschluss unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesrätinnen und Bundesräten der ÖVP und ohne Fraktionszugehörigkeit.)

15.27


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundes­rat Dr. Schnider. – Bitte.

 


15.28.01

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist gerade gesagt worden: Da kann man nicht einfach einen Strich daruntersetzen! Aber ich glau­be, nicht nur deswegen, weil irgendjemand irgendwelche Schuldfragen irgendwo klären will, sondern deshalb, weil, wie ich hier einfach schlichtweg behaupte, das, was jemand rechtmäßig gehört, auch an den oder an die zurückgegeben werden muss, weil es nach meiner Meinung sogar ein Wesensbestand unserer Kultur ist! Denn das, was ich nicht rechtmäßig besitze, gehört mir nun einmal nicht. – Das ist der Punkt eins.

Der Punkt zwei ist: Ich glaube – das ist auch das Schöne an Kunst, und ich freue mich jetzt darüber, dass man das erweitert hat mit diesem typisch gesetzlichen Begriff „sonstige bewegliche Kulturgüter“, aber ich glaube, wir wissen alle, was darunter ge­meint ist –, dass jeder dieser Gegenstände auch eine Geschichte, ich möchte fast sa­gen, eine Biographie hat. Das ist ja ein Teil – wir haben heute schon das Bild mit dem Puzzle verwendet, ich möchte es hier noch einmal hereinbringen – der Kultur, glaube ich, zu entdecken oder zu erforschen, wo dieses Teil hingehört, wem es eigentlich ge­hört, von welcher Hand zu welcher Hand es gegangen ist. Das gehört für mich wesent­lich nicht nur dazu, dass man historisch arbeitet, sondern dass man sich selbst kulturell ernst nimmt.

Deshalb glaube ich, dass wir gar nicht danach zu schielen brauchen, wann diese Resti­tutionsfragen zu Ende sind. Ich sage ganz ehrlich: Ich hoffe, eigentlich nie! Denn: Ich persönlich glaube, dass es immer etwas gibt – auch ganz im Sinne dessen, was Sie gesagt haben –, um einmal ein bisschen nachzudenken und sich zu erinnern. Ich glau­be, zu uns als gebildeten Menschen, als die wir uns doch immer bezeichnen, als Homo sapiens sapiens gehört wohl letztlich auch das dazu, was mit Erinnerung zu tun hat.

Da geht es nicht nur darum, dass man sagt, man arbeitet seine Vergangenheit auf. Nein, ich sage es ganz positiv: Man steht zu seiner eigenen Geschichte, mit allen Hö­hen und Tiefen, und tut genau das, was heute angebracht ist.

Da bin ich sehr froh darüber, dass es die Provenienzforschung gibt. Darüber haben wir ja ein Stück weit auch im Ausschuss geredet, und ich war für dieses Gespräch sehr, sehr dankbar. Es war dort meine Frage – diese möchte ich hier noch einmal ein-


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