BundesratStenographisches Protokoll778. Sitzung / Seite 38

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Wir sagen zwar auf der einen Seite, dass in Österreich die Akademikerquote zu niedrig ist, auf der anderen Seite wollen wir aber Studierwillige und Studierfähige davon ab­halten, zu studieren, indem wir Zugangsbeschränkungen einführen. Das widerspricht sich unserer Meinung nach komplett.

Ja, wir sagen alle Studierwilligen, aber auch Studierfähigen sollen studieren können. Dazu wird es aber nötig sein, auch einmal bei den Gymnasien oder bei der AHS anzufangen. Eine Reform der Oberstufe scheint uns dringend geboten zu sein. Wir wissen, dass nicht nur in Wien – in Wien im Besonderen –, sondern auch an anderen Schulen, vor allem in Ballungszentren, Matura nicht gleich Matura ist und dass jemand, der die Reifeprüfung in der Tasche hat, deswegen noch lange nicht befähigt ist, ein Studium auch tatsächlich zu beginnen, geschweige denn zu beenden.

Und das wird leider, muss ich jetzt sagen, auch mit der Zentralmatura nicht so ohne Weiteres gesichert sein. Unsere Befürchtung war ja – deswegen die Ablehnung der Zentralmatura – unter anderem auch, dass es zu einem Sinken des Niveaus kommen könnte. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Und es gibt jetzt schon Stimmen von Lehrern, die sagen, die bei der Zentralmatura gestellten Fragen kann ein gut aus­gebildeter Hauptschüler auch beantworten. Also wird sich auch da die Frage der Studierfähigkeit stellen.

Das nächste Problem war: Wir haben so viele deutsche Studenten, weil es ihnen die EU möglich gemacht hat, dem Numerus Clausus zu entfliehen und bei uns zu studieren. Die Studenten aus der Bundesrepublik Deutschland machen insgesamt ein Drittel aus.

Aber ja, es gibt natürlich an einigen Fakultäten – wie zum Beispiel an der Medizi­nischen Fakultät – ganz massive Probleme. Und da muss man tatsächlich auch ansetzen. Nur stehen wir jetzt schon vor dem Problem, dass, wenn man diese Ein­gangstests macht, wo wir jetzt schon wissen, dass es dafür schon eigene Seminare gibt, wo man sich darauf vorbereiten kann, damit nicht gesichert ist, dass jene, die diese Tests bestehen, auch gute Ärzte werden. Die Tatsache, dass einer einen Test besteht, sagt überhaupt nichts darüber aus, welche Qualität er als Arzt haben wird. Daher glauben wir, dass diese Zugangsbeschränkungen nicht das bringen werden, was man sich davon verspricht. (Bundesrat Perhab: Welche Alternative gibt es?)

Der Rektor der Uni Innsbruck hat einen ganz interessanten Vorschlag gemacht, mit dem ich mich durchaus anfreunden könnte. Er hat gesagt: Verlangen wir doch von Studenten aus anderen Ländern, vor allem aus der Bundesrepublik Deutschland, Ausgleichszahlungen. Da ist auch sofort ein „Njet“ gekommen. Warum denken wir nicht darüber nach?

In den nordischen Staaten funktioniert das seit 1996 zwischen Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland. Warum soll man das nicht auch bei uns einführen? Zumindest kann man, denke ich, einmal darüber nachdenken, darüber diskutieren und schauen, ob man da auf einen grünen Zweig kommt.

Ich bin auch dafür, dass wir von den Studenten prüfungstechnisch etwas verlangen. Ich bin übrigens auch in den Schulen dafür, dass man von den Schülern etwas verlangt – nicht jetzt in der Form, dass wir sagen, wir bauen einen Leistungsdruck auf, an dem der Schüler zerbrechen muss. Niemand von uns wünscht sich einen Schüler Gerber oder das Schicksal eines Schülers Gerber. Aber eine gewisse Leistung darf und muss ich verlangen. Diese Leistung soll aber auf das Verständnis des Stoffes ausgerichtet sein, auf vernetztes Denken, auf kritisches Hinterfragen, damit ich dann die Schüler habe, denen ich durchaus ein Studium zutrauen kann und die nicht von reinem Faktenwissen beseelt sind. Das scheint uns auch zu wenig zu sein.

 


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