BundesratStenographisches Protokoll778. Sitzung / Seite 67

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Wir haben ja jetzt schon Schwierigkeiten bei Zustellungen mit Fremdunternehmen. Bei mir im Haus ist man schon mit dem eifrigen Briefetauschen am Werk. Während früher unser Postler, der alle kannte, auch Briefe mit einer ungenügend ausgeführten Adresse an die richtige Adresse zugestellt hat, findet sich heute ein Brief mit dem richtigen Namen, aber einer unvollständigen Adresse, aber oft auch mit einer richtigen Adresse, beim Nachbarn. Erfreulicherweise funktioniert das bei mir im Haus, dass man dann die Briefe dem richtigen Adressaten bringt.

Wir fürchten, dass hier einem Sozialdumping bei den Löhnen sehr wohl Tür und Tor geöffnet wird – und das kann es nicht sein! Das gilt auch für die Zeitungszusteller. Auch da gibt es ein Ungleichgewicht. Auch da ist bekrittelt worden, dass das nicht funktionieren wird, weil wir da offensichtlich eine Zweiklassengesellschaft bei der Zustellung haben werden, weil es, wenn es zu 100 Prozent im Eigentum des Verlags ist, vom Postmarktgesetz ausgeschlossen ist. Da hätte man sich sicher auch ein ande­res Modell überlegen können, wo Minderbeteiligungen zum Tragen kommen, damit die Zeitungszustellung, die ja durchaus ein demokratisches Recht ist, vorgenommen wer­den kann.

Wir glauben daher, dass mit diesem Gesetz die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb nicht gegeben sind, daher werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. (Beifall des Bundesrates Ertl.)

17.57


Präsident Erwin Preiner: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Professor Konecny. Ich erteile es ihm.

 


17.57.44

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde darauf verzichten, eine Brücke zwischen der Besetzung von EU-Spitzenfunktionen und dem österreichischen Postmarkt herzu­stellen. Das ist schon der Kollegin Mühlwerth nicht sehr eindrucksvoll gelungen.

Ich finde – ich habe es in einem Zwischenruf schon formuliert –, die Frau Kollegin und ihre Partei betreiben hier in einem auffälligen Maß eine Kindesweglegung. Denn: Hat es nicht einmal eine Regierung gegeben, der damals unbestreitbar Ihre Partei ange­hörte – und Sie waren Bundesrätin dieser Partei in diesem Hause –, die die Postämter zugesperrt hat? War es nicht so? Gab es da nicht Minister aus jener Partei, die genau das taten? Die Sozialdemokraten – damals eine Oppositionsfraktion – haben dagegen Entschließungsanträge eingebracht. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie all die tränenreichen Formulierungen damals auch gefunden hätten, die Sie jetzt hier machen, und uns bei diesen Entschließungsanträgen unterstützt hätten.

Ganz abgesehen davon, Frau Kollegin: Ich habe Verständnis für den Gebrauch von Klischees, aber die „arme Rentnerin“, die sich ihre Pension am Postamt abholen will oder muss, ist irgendwie seit 20 Jahren verschieden. Auch die arme Rentnerin hat heutzutage ein Konto. Ich glaube, man sollte nicht so tun, als ob unsere älteren Mitbürger, zu denen ich in zunehmendem Maße auch zähle, Dödel wären, die nicht in der Lage wären, einen Kontoauszug zu lesen oder einen Bankomaten zu bedienen. Das ist eine ziemliche Zumutung.

Es geht um etwas ganz anderes: nämlich darum, Marktbedingungen zu schaffen, die, entsprechend dem EU-Recht, den Zutritt auch für andere Bewerber als die traditionelle Post ermöglichen, und zwar unter Bedingungen, wo dieses Unternehmen nicht vorsätzlich aus dem Markt gedrängt wird.

Es ist ja nicht so, dass wir hier mit der Generaldirektorin der Post AG diskutieren; die hätte sich ja selber auch nicht geklagt, nehme ich an. Hier gibt es ein Unternehmen,


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