BundesratStenographisches Protokoll780. Sitzung / Seite 66

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11.40.13

Bundesrat Stefan Schennach (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus Gründen der Ihnen allen bekannten innenpolitischen Vorgänge im Parlament liegt uns hier eine Art „Light-Novelle“ vor, da ja alles, was einer Zweidrittelmehrheit bedarf, fehlt. Das heißt, es wird irgendwann eine weitere Novellierung dieses Datenschutzge­setzes erfolgen.

Für mich persönlich sind die Rechte, die wir Menschen als Bürger und Bürgerinnen in einem Staat haben, diese bürgerlichen Grundrechte, das Wichtigste, was wir gegen­über dem Staat, dem wir ja als Ordnungsfaktor das Gewaltmonopol übertragen haben, zu verteidigen haben. Bürger- und Bürgerinnenrechte, Grund- und Freiheitsrechte gilt es immer dann zu verteidigen, wenn die Begehrlichkeit des Staates, alles und jedes zu überwachen, zu gierig wird. Was wir hier vorliegen haben, ist im Grunde ein weiterer Freibrief, mit Videoüberwachung zu tun und zu lassen, was man will.

Ich sehe nicht ein, dass ich gefilmt werde, wenn ich zum Beispiel mit Herrn Kollegem Dönmez oder mit Herrn Kollegem Schnider über den Graben spaziere, denn wir gehen ja dort nicht hin, um öffentlich registriert zu werden, sondern vielleicht, um Weihnachts­einkäufe zu machen. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.)

Ich sehe auch überhaupt nicht ein, Herr Kollege Perhab, dass jeder Hausbesitzer, der ein Stück Gehsteig besitzt, ohne irgendeine Genehmigung eine Kamera anbringen und filmen kann. Herr Staatssekretär Ostermayer kommt ja auch aus der Kommunalpolitik, also weiß er, wovon ich spreche. Ich hatte gerade diese Woche wieder eine Kommis­sionierung in einer Wohnhausanlage, und ich habe mir, obwohl es um etwas ganz an­deres ging, erlaubt zu fragen, was denn das da überall für versteckte Kameras sind und auf wen sie gerichtet sind. Die Hausverwaltung war nicht in der Lage zu sagen, was diese Kameras in diesem öffentlichen Bereich, in dieser normalen Wohnhausan­lage zu suchen haben.

Vor allem ist die Hausverwaltung bis heute die Antwort schuldig geblieben, wer denn die Bänder in den Händen hält und wer denn all diese Aufnahmen dokumentiert. Inner­halb und außerhalb einer Wohnhausanlage einer Genossenschaft bedarf es doch zum Beispiel zumindest einer Bewilligung. Jede kleine Hundehütte bedarf einer Baurechts­bewilligung (Zwischenruf des Bundesrates Mayer) – nicht lachen, lieber Edgar Mayer! –, aber jede Kamera, die dich filmt, wenn du öffentlich unterwegs bist, bedarf keiner sol­chen Genehmigung.

Ich denke, dass wir da landesgesetzlich bei den Bauordnungen einen dringenden Nor­mierungsbedarf haben, was zum Beispiel das Anbringen solcher Überwachungsanla­gen betrifft – und es kommen immer mehr, es gibt auch in bestimmten Bezirken in Wien zum Beispiel Gehsteigüberwachungen. (Bundesrat Mag. Klug: Das hat auch sei­nen Sinn!) Ich merke bestenfalls, wenn ein Licht angeht, dass ich jetzt sozusagen „im Film“ bin, aber ich weiß nicht, was mit diesem Film passiert und wer diesen Film doku­mentiert.

Es gibt auch in diesem vorliegenden Gesetzentwurf – und das wäre das Mindeste! – Sorgfaltspflichten. Wenn schon bewilligungsfrei Menschen aufgenommen werden, dann möchte ich in einem entsprechenden Gesetz Sorgfaltspflichten festgehalten ha­ben, und die gibt es aber nicht. Im Grunde ist es ein Blankoscheck: Fördert die Elektro­nikindustrie, kauft möglichst viele Kameras und bringt sie an!

Lieber Kollege Mayer, und wenn ich mich dagegen wehren will, weil zum Beispiel bei meinem Nachbarhaus immer das Licht am Gehsteig angeht, wenn ich mein Haus be­trete, dann muss ich eine Unterlassungsklage bei Gericht einbringen. (Bundesrat Mag. Klug: Das passt schon so!) Haben wir das notwendig, dass Bürger und Bürgerin-


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