BundesratStenographisches Protokoll780. Sitzung / Seite 85

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sage es gleich, ich stehe zwar hier als Kontraredner, ich werde aber dem Gesetz zu­stimmen, da es ein wichtiger Schritt ist. (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Irene Brickner hat im „Standard“ geschrieben: „Willkommen im 20. Jahrhundert!“ – Das ist kein Schreibfehler, denn wir bewegen uns in Österreich im Rahmen einer Debatte der Diskriminierung aus dem 19. Jahrhundert und versuchen nun einmal in einem ers­ten Schritt, die gröbsten Diskriminierungen wegzubekommen in Richtung einer Gleich­stellung.

Herr Kollege Podgorschek, wissen Sie, dass es Menschen gibt, die aus Liebe zueinan­der finden? Für Sie gibt es dies offensichtlich nicht. Und wissen Sie, dass Menschen, die nicht in Liebe zueinander finden können, leiden? Und diese Form von Leid ist mit Sicherheit weder Auftrag der Schöpfung noch ein religiöser Auftrag.

Wenn wir davon ausgehen – und ich kenne kein besseres Werk als den Hyde-Report, in dem diese Zahlen zu finden sind –, dass in jeder Gesellschaft 15 Prozent der Men­schen dauerhaft, vorübergehend oder von Fall zu Fall homosexuell sind, so sind das 15 Prozent der FPÖ, 15 Prozent der katholischen Kirche, 15 Prozent der ÖVP, der SPÖ, der Grünen oder des BZÖ. (Zwischenruf des Bundesrates Zangerl.) 20 Prozent der Liste Fritz. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Kneifel: Das war jetzt eine Diskri­minierung der Liste Fritz!)

Diesen Menschen, diesen 15 Prozent verhelfen wir zu nichts anderem als zu Gleichheit und Gleichbehandlung: Gleichbehandlung im Bereich des Arbeitsrechtes, des Sozial­rechts, des Sozialversicherungsrechts, des Abgabenrechts, des Zivil- und Strafrechts, aber nicht in allen Bereichen, und das ist auch bedauerlich, dass es diese Form der „Ehe light“ ist, die Herr Perhab hier aus seiner Sichtweise dargestellt hat.

Anfang 2010 wird dieses Gesetz nicht um eine Prüfung umhinkommen, nämlich vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof, wo Verfahren bezüglich Österreich an­hängig sind, denn es muss diese Form der „Ehe light“ derzeit noch immer die Kriterien erfüllen, dass sie tatsächlich gleich ist.

Es ist ein unzeitgemäßer Kompromiss, Herr Kollege Perhab, dieser Kompromiss, den Sie so gut gefunden haben, denn die Gleichstellung, um die es uns geht, ist nur über Umwege und manchmal nur über Umwege und Geld möglich. Das muss man auch se­hen. Zum Beispiel kostet es, den gemeinsamen Nachnamen anzunehmen oder einen gemeinsamen Doppelnamen zu führen, für gleichgeschlechtliche Paare 580 €. Das ist eine Frage, ob das unter dem Aspekt der Gleichheit standhält.

In ganz Deutschland, in jedem Friseursalon, Pedikürsalon, schlagen die Herzen der 55- bis 75-jährigen Frauen für den Hansi Hinterseer Deutschlands: für den mit Platin ausgezeichneten Patrick Lindner. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein, das ist kein schlechtes Beispiel, denn ganz Deutschland hat an diesem Adoptionsprozess mit Be­geisterung teilgenommen.

Wenn wir uns heute anschauen, in welchen Situationen Kinder in Familien – also in normalen Verhältnissen, wie Sie sagen – oft aufwachsen und welche grauenhaften Schicksale es hier gibt, so verstehe ich Ihre Angst nicht. Gott sei Dank leben wir nicht in einem Staat, in dem es zwischen Kirche und Staat keine Trennung gibt. Ja, die Kir­che, die Mehrheitskirche in Österreich hat ein Sakrament, das heißt Ehe. Das soll man aber nicht vergleichen mit dem, was der Staat eingeführt hat. Wir sind hier Gesetzge­ber, und deshalb interessiert uns das, was der Staat macht, und der Staat hat die Ehe als Vertrag eingeführt.

Die Ehe ist nicht nur ökonomisch gesehen die am meisten gebeutelte ökonomische Einheit in diesem Land, sondern sie ist auch eine vertragliche Gemeinschaft.

 


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