BundesratStenographisches Protokoll780. Sitzung / Seite 92

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halb ist das – und das sehen wir auch hier, auch an mir – ein sehr emotionales Thema. Jeder, der Menschen kennt, die in unterschiedlichen Lebenssituationen und Lebensfor­men leben, weiß, dass sie alle um Ehrlichkeit ringen.

Jetzt behaupte ich hier, dass die Menschen und Gruppen, die das wollen, eigentlich et­was wollen, was für uns – gerade auch in der Kirche – ein wichtiger Wert ist, nämlich dass man sich zu jemandem bekennt, dass man sagt, ihm treu bleiben zu wollen.

Es wird immer nur von den Rechten, die einer hat, gesprochen. Es gehören aber auch die Pflichten dazu. Das halte ich für das Wesentliche. Es wird eine Vereinbarung, ein Vertrag geschlossen, der auf Gegenseitigkeit, Wechselseitigkeit beruht, in dem es um Rechte, aber auch um Pflichten geht.

Wenn schon so geredet wird – auch innerhalb der Kirche –, dann sage ich, es sollten schon alle wissen, dass heterosexuelle Paare, die schon vor der Eheschließung sagen, dass sie keine Kinder haben wollen, im Sinne der Kirche eigentlich keine Ehe haben. Nur um das klarzustellen. Ich möchte damit nur untermauern, dass es in dieser Diskus­sion nicht nur um Homosexuelle, sondern auch um Heterosexuelle geht.

Es muss klargestellt werden, dass dieses Bild eines ist, das aus der christlich-jüdi­schen Tradition gewachsen ist, es ist ein wichtiges, das wollen wir überhaupt nicht in Frage stellen. Aber ich möchte noch etwas mit einem Text untermalen, und das nicht zu weit, um nichts zu wiederholen, was schon gesagt worden ist.

Das höchste Gut in der Theologie ist – das klingt vielleicht theologisch, aber ich erkläre es gleich – Heiligkeit; entschuldigen Sie, dass ich dieses Wort hier im Parlament so er­wähne. Damit ist gemeint, dass der Mensch ehrlich und rechtens vor seinem Gewissen versucht, den Willen Gottes zu erfüllen.

Jetzt lese ich dazu einen Text vor, der nicht irgendeiner ist, sondern aus dem Weltkate­chismus der katholischen Kirche stammt, die sich in diesem Katechismus in einem ge­wissen Kontext auch mit der Homosexualität auseinandersetzt. Der Grund dafür, dass ich diesen Text hier verlesen möchte, ist, dass ich es schade finde, dass alle mögli­chen anderen Texte zitiert wurden, dieser aber nicht. Denn erstens einmal ist, wie wir wissen, der oberste Redakteur dieses Katechismus Kardinal Schönborn. Wir wissen, zu welcher Zeit er geschrieben wurde. – Lachen Sie nicht, das ist ein ganz ernsthaftes Produkt! (Bundesrätin Michalke: Ja, das glaube ich schon!) Der jetzige Papst und da­malige Kardinal Ratzinger hat ihn unterzeichnet. So viel nur, damit niemand sagen kann, ich würde irgendeinen linken Text oder einen sogenannten Sonntagsblättchen-Text nehmen.

Hier steht: „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell ver­anlagt.“ Punkt. – Eine ganz klare realistische Einschätzung, die in diesem Kirchentext dargelegt wird.

Weiters steht hier: „Ihnen ist mit Achtung (...) und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen“. – So, was heißt das jetzt? Das heißt,
dass das Oberste, und nur das will ich hier klarstellen, ist  (Zwischenruf der Bundes­rätin Michalke.)

Ich gehe nur von Menschen guten Willens aus. Ich unterstelle keiner Gruppe, dass es ihr darum geht, dass bestimmte Menschen dieses Gesetz wollen, um es ganz bewusst für sich hedonistisch oder was weiß ich wie auszuleben. Ich denke, wir sollten dem ge­nauso begegnen: mit Achtung und Takt.

Und das ist für mich der springende Punkt in der Demokratie, das macht den Unter­schied aus, ob wir hier als kirchliche Gemeinschaft oder als demokratisch gewähltes Parlament debattieren: Wir haben hier ganz klare Realitäten wahrzunehmen und in


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