BundesratStenographisches Protokoll780. Sitzung / Seite 97

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Gleichzeitig wissen wir aber auch, lieber Stefan, gerade um die vielen Scheidungskin­der und das Leid dieser Kinder. Das heißt, wir brauchen auch nicht stolz auf das zu sein, was da zum Teil geschieht.

Daher: Wir sind alle aufgeklärt. Wir leben in einer modernen Gesellschaft. Wir kennen die gesellschaftlichen Realitäten. Dieser Gesetzesbeschluss setzt einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Damit sich die Gesellschaft weiterentwickeln kann, sind sol­che Schritte wie der heutige notwendig. Daher möchte ich auch die Kollegen von den Grünen noch einmal herzlich einladen, diesen Fortschritt heute mitzutragen. Das ist auch eine große Chance für euch. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.45


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubvorsitzender Konecny. – Bitte.

 


13.45.26

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es gibt politische Debatten, die weit über den Anlassfall hin­aus bewegend und lehrreich sind. Ich glaube, wir haben eine solche Debatte hinter uns, eine Debatte, in der Kollegen gesprochen haben, denen der Tatbestand der Auf­klärung bisher nicht bekannt geworden ist. Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten: Je­ne, die die Aufklärung verschlafen haben, haben sich inzwischen auch gefunden und marschieren jetzt gemeinsam, auch wenn über dieses neue Bündnis schon in Beet­hovens „Fidelio“ ein abschließendes Urteil gefällt ist. Sie kennen alle die Arie des Roc­co aus dem ersten Akt: „Wenn sich nichts mit nichts verbindet, ist und bleibt die Sum­me klein“. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Frak­tionszugehörigkeit.)

Wenn eine Gesellschaft eine moderne Gesellschaft ist, ist sie auch ein Patchwork. – Ich habe auch ein paar abgekriegt. Es steht ja im Verzeichnis des Parlaments nicht da­bei konfessionslos, daher für christliche Argumente nicht sehr zugänglich. Also ein paar habe ich auch „abgehaselt“. Die Stilistik, die Ausdrucksform dieser Menschen hat mich jenseits meiner Nichtreligiosität einigermaßen betroffen gemacht. Aber auch sie gehören zur Gesellschaft. Auch Sie, meine Herren, gehören zur Gesellschaft, wenn auch als Randgruppe. (Bundesrat Zwanziger: Danke schön!)

Wahr ist, dass in solch zentralen Fragen – und das sage ich jetzt ein bisschen in Rich­tung der beiden letzten Redner der Grünen – immer nur relative Lösungen möglich sind. Eine Gesellschaft darf niemanden diskriminieren, aber sie soll auch nicht mutwil­lig ausgrenzen. Wir haben unterschiedliche Entwicklungstempi in der österreichischen Gesellschaft, regional und individuell. Und so sehr wir auch gestritten haben – ich will das gar nicht beschönigend „gemeinsames Brainstorming“ nennen –, über den Inhalt dieser Vorlage und so sehr die Sozialdemokratie gerade für weitergehende symboli­sche Schritte eingetreten ist, haben wir zu guter Letzt eine Lösung gefunden, die für die ÖVP ein großer Sprung war, gar keine Frage, die für uns ein großer Verzicht war, auch gar keine Frage, und wo die Vertreter der Betroffenen deutlich gemacht haben, dass es zwar nicht die Erfüllung ihrer Wünsche ist, aber dass es ein so großer Fort­schritt ist und dass sie bereit sind, weitergehende Wünsche zurückzustellen.

Ich glaube, das ist der Punkt, um den es in einer Demokratie geht: einen Konsens zu erzielen. Es tut mir leid, Kollege Zwanziger, ich weiß ja nicht, wofür Sie eigentlich ein­getreten sind, das war aus den Ausführungen nicht deutlich erkennbar, denn hier ist weder die Abschaffung der Ehe Gegenstand der Verhandlung noch die Zwangshomo­sexualität oder ich weiß nicht was. (Heiterkeit.)

Tatsache ist, dass in der großen Mitte der Gesellschaft, zu der auch viele, viele Ihrer Anhänger gehören – gar keine Frage –, ein akzeptierter und akzeptabler Kompromiss


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