BundesratStenographisches Protokoll780. Sitzung / Seite 102

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auch nicht, dass der Kinderbeistand deeskalierend auf die zerstrittenen Ehepartner wirkt. Die gemeinsame Obsorge darf nicht mehr Ausnahme sein, sondern sie muss zur Regel werden. Expertenmeinungen belegen ganz klar, wie wichtig die Umsetzung des Rechtes des Kindes auf Kontakt zu beiden Elternteilen ist. Kinder dürfen bei einer Trennung nicht als Streitgegenstand verwendet werden.

Österreich darf nicht hinter den Regelungen der Bundesrepublik Deutschland, den vor­geschlagenen Regelungen der Revision des Zivilgesetzbuches des Schweizer Bundes­rates, der übrigens am Mittwoch, den 16. Dezember, die Vernehmlassungsergebnisse zum gemeinsamen Sorgerecht zur Kenntnis genommen hat, was von einer klaren Mehrheit begrüßt wurde, sowie hinter Art. 18 der UN-Kinderrechtskonvention und der jüngsten Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte herhinken.

Auch wenn eine Partnerschaft auseinanderbricht, bleiben beide Teile doch noch Eltern, die Verantwortung für ihre Kinder zu tragen haben. In Bezug auf die Festschreibung von Kinderrechten darf es keine Kompromisse geben. Wir verlangen daher eine umfas­sende Reform, die die gemeinsame Obsorge, die Dauer der Obsorge und Besuchs­rechtsverfahren sowie aber auch die richterlichen Fähigkeiten und das Sachverständi­genwesen miteinbezieht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.05


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­rätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


14.05.00

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren des Bundes­rates! Kinder sind unser wichtigstes Gut, und daher müssen wir sie bestmöglich schüt­zen. Es ist aber leider auch Realität, dass eine Vielzahl von Ehen – wir haben es schon gehört, jede zweite – geschieden wird. Sind Kinder vorhanden, sind diese meist die Leidtragenden. Ein Problem liegt sicher schon im Vorfeld, wenn es Differenzen zwi­schen den Partnern gibt, bevor es zur Scheidung kommt. Da entwickelt ein Kind oft Schuldgefühle, und dann bei der Scheidung und bei der Obsorgefrage wird auf die Ge­fühle der Kinder oft nicht Rücksicht genommen und auch auf deren Wünsche und Be­dürfnisse vergessen.

Genau diesem Fall trägt dieses Gesetz Rechnung. Kindern wird in den schwierigen Obsorgeverfahren beziehungsweise Besuchrechtsstreitigkeiten im Falle der Scheidung eben durch dieses Gesetz eine Stimme gegeben. Dem Kinderbeistand, den wir heute beschließen, soll die Möglichkeit gegeben werden, besonders für Kinder bis zu einem Alter von 14 Jahren – und in besonderen Fällen bis 16 Jahre – als Sprachrohr zu fun­gieren.

Seit dem Jahr 2006 gibt es bereits ein Modellprojekt, das bis Juni 2008 durchgeführt worden ist. Alle Beteiligten, egal, ob das jetzt die Eltern oder die Sozialbetreuer oder die Richter waren, haben eindeutig gesagt, dass der Kinderbeistand eine wirkliche Un­terstützung für unsere Kinder darstellt. Daher glaube ich, ist es zu begrüßen, dass wir das heute in dieser Form verankern.

Weil Sie gerade, werte Kollegin von der FPÖ, im Vorfeld die Kinderrechte angespro­chen haben – es tut mir auch sehr leid, denn im Nationalrat waren die Kinderrechte auf der Tagesordnung, und die vereinigte Opposition hat dagegen gestimmt, und das viel­leicht aus gekränkter Eitelkeit. Somit können die Kinderrechte nicht verfassungsmäßig verankert werden und sind nicht zu uns in den Bundesrat gelangt.

Es ist schon jahrelang darüber diskutiert worden, und nun endlich hätte es einen Ge­setzentwurf dazu gegeben. Ich finde es nicht richtig, dass jene politischen Taktiken auf


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