BundesratStenographisches Protokoll781. Sitzung / Seite 76

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Ich muss ganz ehrlich sagen, ich möchte jetzt nicht – wie wir es heute auch schon bei anderen Themen gemacht haben –, dass wir uns gegenseitig die Sünden vorhalten, wer welches Gesetz beschlossen hat, wer wofür zuständig ist. Ich klopfe gerne für un­seren Bereich auf unsere eigene Brust, aber ich stelle schon fest, dass, je jünger ein Hochschulgesetz ist, wenn ich so sagen darf – das klassische Universitätsgesetz, das Fachhochschul-Gesetz, das der Pädagogischen Hochschulen –, umso weniger unab­hängig diese Forschung und Lehre geworden ist. Das werde ich Ihnen jetzt an ein paar Beispielen explizieren.

Punkt 1: Wenn ein Universitätsgesetz 2002 ganz klar feststellt, wie alle Gremien inner­halb einer Universität miteinander zu verfahren haben, wie das Curriculum ausschaut – das ist angesprochen worden –, wer der Rektor ist, wie Senat und Universitätsrat zu­sammenarbeiten, dann kann man darüber debattieren, wer welche Aufgaben über­nimmt – dass es dabei untereinander immer wieder Streitereien gibt, ist klar –, aber im Grunde ist es die Hochschule vor Ort, autonom, die darüber zu entscheiden hat, wo die Schwerpunkte sind, wie das aussieht.

Wenn man das Gesetz anschaut, wo schon als erster Punkt die Freiheit der Forschung und Lehre festgelegt ist, und dann die Gesetze der Fachhochschulen und Pädagogi­schen Hochschulen ansieht, wird man feststellen, dass das bei den Grundsätzen die­ser Hochschulen am Anfang nicht zu finden ist. Beim Hochschulgesetz findet man überhaupt nur etwas über die Lernfreiheit und ganz zum Schluss, in § 73, etwas darü­ber, dass niemand, der lehrt, gezwungen werden kann – also eine Negativformulie­rung –, dass er irgendetwas macht, was er nicht in Freiheit forschen will. Das ist alles. Das heißt, wir müssen schon darüber nachdenken – und das ist wichtig, gerade für uns hier, die wir für die Gesetzgebung zuständig sind –, ob das wirklich Unabhängigkeit be­deutet.

Ein weiterer Punkt – und, Herr Landesschulratspräsident Erlitz, du bist mir jetzt nicht böse; es soll nicht heißen, ich gehe immer auf die Landesschulratspräsidenten los, aber ich muss schon sagen: Wenn man die Pädagogischen Hochschulen anschaut und dann glaubt, dass der Hochschulrat das Gleiche ist wie der Universitätsrat – bitte, mitnichten! Der Hochschulrat ist ein Gremium, das – Entschuldigung, wenn ich es so sage – rein politisch besetzt ist. (Bundesrat Mag. Erlitz: Nein! Moment! Die Frau Minis­terin ist auch da drin!) Okay, aber da bringst du ein Beispiel, zu dem ich dir ganz ehr­lich sage: Bei einem Universitätsrat ist es unmöglich, dass ein Mandatar – er darf sogar vier Jahre lang keiner gewesen sein – drinsitzt. Jetzt können wir natürlich sagen, dann sitzen wir nicht mehr drin! – Okay, da hast du schon recht, nur dann müssen wir uns selbst auch zurücknehmen und fragen, ob wir nicht die Unabhängigkeit einer For­schungs- und Lehreinrichtung selbst untergraben, indem wir solche Gesetze anwenden.

Hier, glaube ich, besteht effektiver Handlungsbedarf. – Ich könnte diese Beispiele noch fortsetzen, aber meine Redezeit geht bereits zu Ende.

Ich glaube, dass wir die Gesetzesmaterien danach durchschauen müssen, und ich meine, es ist Aufgabe unserer Ministerin für Wissenschaft und Forschung, zu schauen: Ist wirklich überall Hochschule drinnen, wo Hochschule draufsteht?! Ich bezeichne Sie, Frau Ministerin, in Ihrer Rolle fast als „Hüterin der Wissenschaftlichkeit“, denn Wissen­schaftlichkeit beruht auf den Säulen genau dieser Freiheit, beruht darauf, dass auch ein Externer, ein Außenstehender, ein Ergebnis überprüfen kann, und das bedarf einer Unabhängigkeit von politischen und wirtschaftlichen Einflussnahmen, und es bedarf einer hohen Freiheit der Einzelnen, aber nicht nur der Einzelnen – so wie es im Päda­gogischen Hochschulgesetz dann auch noch steht –, sondern auch der Gesamtinstitu­tion, forschen und lehren zu dürfen. Ich glaube, dann stimmt auch das, was die Frau Bundesministerin vorhin gesagt hat: das Zusammenspiel von Grundlagenforschung und angewandter Forschung.

 


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