BundesratStenographisches Protokoll781. Sitzung / Seite 80

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Der Bologna-Prozess: Ja, das ist gescheit. Der Bologna-Prozess ist an sich etwas Ge­scheites – aber die Umsetzung? Ich unterschreibe alles, was Frau Kollegin Mühlwerth und Kollege Schnider zu den Problemen gesagt haben.

Ich eröffne noch etwas, nehmen wir einmal etwas ganz anderes, einen ganz anderen Bereich – die Verschulung, die da droht, kennen wir schon, und die seltsamen Module, die da entstanden sind, haben wir schon abgehakt –: Wir haben uns hier im Bundesrat die Haare gerauft, als wir ein Gesetz aufgehoben haben, wonach man ab 35 nicht mehr Lehrer werden durfte. Wir haben uns gefragt: Welcher Irrsinn war da Vater des Gedankens? Wir haben immer gesagt, dass der Praxisbezug in der Lehre so wichtig ist, und gerade der Bologna-Prozess schließt jetzt genau die Leute, die das Wissen aus der Praxis haben, aus. (Präsident Mitterer übernimmt den Vorsitz.)

Ein Beispiel: Es gibt viele fantastische Musiker, die einen unglaublichen Erfahrungs­schatz und eine unglaubliche pädagogische Fähigkeit haben, Musizieren zu vermitteln, aber sie haben keinen Bachelor-Titel. Was bedeutet das? – Sie sind sauteuer und wer­den derzeit aus den Musikschulen entfernt, und man nimmt nun Leute, die einen Ba­chelor haben, einen entsprechenden Nachweis, aber schlechte Lehrer sind, wenig Er­fahrung und wenig Liebe dazu haben, aber sie erfüllen das Kriterium.

Wir können gerne auch in andere Bereiche der Wirtschaft gehen – ich sammle derzeit auch solche Fälle! Es ist hanebüchen, wenn Menschen mit einem bestimmten großen Erfahrungsschatz sagen, ich will das auch vermitteln, das aber nicht geht.

Eine Musikschule, um das alte Beispiel zu nennen, nehmen wir einmal an in Purkers­dorf, muss diese Leute jetzt selbst bezahlen, weil das Land aufgrund dieser Regelun­gen das nicht mehr refundiert. Damit werden diese Menschen, die aus der Praxis kom­men, für den einzelnen kleinen Standort zum unbezahlbaren Lehrenden und werden derzeit abgebaut. – Das kann der Bologna-Prozess nie und nimmer gemeint haben, weder in der nationalen noch in der internationalen Umsetzung!

Angesichts der Akademiker- und Akademikerinnenrate, die wir haben, und angesichts des Berichtes über die soziale Lage und des Armutsberichtes wissen wir – da gebe ich dem Kollegen Todt völlig recht –, dass der offene Zugang zu den Universitäten etwas ganz Wichtiges ist. Und da war es, liebe Frau Bundesministerin – bei aller Wertschät­zung – vielleicht nicht gerade das Beste, gleich am Anfang einen Konsens, den man zumindest gefunden hat, gleich in Frage zu stellen.

Der freie Zugang, bei aller Diskussion über Fachbereichseignungen, ist schon auch ein Wert an sich. Ich bin aber der Letzte, der da mit Scheuklappen herumgeht und nur die­ses eine sieht: Ich sehe auch, was rundherum ist! Es ist wichtig, da in eine etwas offe­nere Diskussion zu gehen und nicht nur zu sagen, das eine Modell und das andere Modell, und sonst gibt es nichts. Sonst geht es uns genauso wie beim Bereich Gesamt­schule ja oder nein, wo wir einander 50 Jahre lang philosophische Abhandlungen um die Ohren knallen, dann aber ein Bildungssystem bekommen, das wir so nicht wollten.

In diesem Sinne, Frau Bundesministerin, jegliche Form der Kooperation, jegliche Form des Dialoges. Ich bin froh, dass Sie den Dialog vor allem mit jenen gefunden haben, die wirklich aufgestanden sind und aufgrund ihrer Lage protestiert haben. – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

13.34


Präsident Peter Mitterer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


13.34.41

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Beatrix Karl: Es wur­den einige Fragen an mich gestellt, die ich sehr gerne beantworte.

 


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