BundesratStenographisches Protokoll784. Sitzung / Seite 15

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fen. Wir kennen alle die Statistiken: Die Alterspyramide geht genau in diese Richtung. Vor allem auch durch die zusätzliche medizinische Betreuung ist eine demographische Entwicklung dahin gehend zu beobachten, dass der Anteil der älteren Bevölkerung im­mer größer wird.

In der Vergangenheit wurden die Pflegefälle immer beziehungsweise meistens in der Fa­milie selbst betreut, und daher musste der Staat relativ wenig Einfluss darauf nehmen. Mittlerweile müssen wir aber zur Kenntnis nehmen, dass unsere Gesellschaft sich mas­siv verändert hat. Es gibt immer mehr Singles, immer mehr Menschen entscheiden sich für die Kinderlosigkeit. Das führt aber dazu, dass es im Alter keine Angehörigen mehr gibt, die sich um pflegebedürftige Ältere kümmern können. Daher sind diese Men­schen auf fremde Hilfe angewiesen.

Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Pflege einerseits sozial, aber ande­rerseits auch wirtschaftlich verträglich gestaltet wird, sodass die gesamte Gesellschaft und die junge Generation nicht zu sehr damit belastet ist. Es ist eine Kernaufgabe des Sozialstaates, dafür zu sorgen, und die Pflegemaßnahmen haben, und das sage ich ganz ausdrücklich, solidarisch zu erfolgen.

Wir können das nicht mehr allein den Familien überlassen. Derzeit tragen noch sehr vie­le das Risiko privat und sind nahezu gezwungen, sich Pfleger in Schwarzarbeit zu besor­gen. Diese Schwarzarbeit können wir nur bedingt bekämpfen, weil wir genau wissen, dass unser Sozialsystem sonst zusammenbrechen würde. Daher sind einige Maßnah­men notwendig, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Einerseits fordern wir eine Inflationsanpassung des Pflegegeldes. Das Pflegegeld ist in den letzten Jahren nur marginal angehoben worden, und die Einkommen sind ja nicht gestiegen, wie auch Herr Bundesrat Todt vorhin schon erwähnt hat. (Bundesrat Per­hab: Aber wir haben ja keine Budgetressourcen ...!) Es darf aber meiner Meinung nach nicht das Budget als Vorwand dafür dienen, dass wir in dieser Richtung nicht mehr tä­tig werden. (Bundesrat Perhab: Aber es kommt irgendwo her ...!)

Wir haben auch dafür zu sorgen, dass die Pflegekräfte entsprechend ausgebildet wer­den. Bei der Ausbildung der Pflegekräfte mangelt es aus unserer Sicht noch sehr stark. Noch dazu hätten wir gerade in der Ausbildung der Pflegekräfte eine Chance für den Ar­beitsmarkt, weil das für zusätzliche Beschäftigung sorgen würde. Darüber hinaus könn­te dadurch auch Lohndumping – wie bereits erwähnt, durch die billigen Kräfte aus dem Ausland – verhindert werden. Es setzt aber voraus, dass wir, wenn Leute ordentlich aus­gebildet sind, diese auch leistungsgerecht bezahlen.

Es ist Aufgabe unseres Staates, für die Finanzierung zu sorgen – dessen bin ich mir selbstverständlich bewusst –, aber es kann ja auch Umschichtungen im Budget geben.

Was wir vermissen, ist eine mutige Ausbildungsoffensive bei den Pflegeberufen. Wa­rum ist es nicht möglich, die Ausbildung in den Pflegeberufen in den Regelschulbetrieb aufzunehmen und diese mit einer Fachmatura enden zu lassen, damit ausgebildete Pfle­ger unter Umständen, sollten sie nicht in diesem Beruf bleiben können, auch in der Wirt­schaft in anderen Bereichen tätig werden können?

Ein weiterer Punkt, der sicherlich zu bemängeln ist – das wurde ebenfalls schon er­wähnt –, ist die Dauer des Pflegeverfahrens, auf die ja auch der Rechnungshof schon hingewiesen hat. Es wäre durchaus begrüßenswert, wenn diese Verfahren zumindest innerhalb von 3 Monaten abgeschlossen wären – optimal wäre natürlich binnen 60 Ta­gen. Ich rechne damit, dass dem auch der Herr Bundesminister durchaus zustimmen wird.

Außerdem besteht das Problem, dass leistbare Pflege und Betreuung einerseits rechtlich makellos zu erzielen, aber andererseits auch praxistauglich sein muss. Darüber hinaus


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