BundesratStenographisches Protokoll784. Sitzung / Seite 23

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deshalb steht ja Österreich in Europa auch so gut da. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesräte Kainz und Perhab.)

Meiner Meinung nach gibt es Tätigkeiten mit Zukunft, die jedoch nur noch wenige von uns machen möchten. Das kann daher durchaus auch eine Strategie sein, Langzeitar­beitslose in Beschäftigung zu bringen. Ich denke da zum Beispiel an Jobs in den Berei­chen Gastronomie, Handel, Metall- und Elektrotechnik und natürlich vor allem auch an Jobs in der Pflege. Insbesondere wegen der demographischen Entwicklung ist der Be­reich der Pflege und Betreuung älterer Menschen eine der größten Herausforderungen im Sozialbereich; das haben wir ja heute bereits gehört. Die Zahl der erwerbsfähigen Menschen sinkt nach dem Jahr 2020, weil dann die Babyboom-Jahrgänge ins Pensions­alter kommen.

Bis 2030 wird die Zahl der über 75-Jährigen von derzeit 660 000 auf mehr als 1 Million steigen. – Dazu gehören wir dann auch, Herr Minister. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Bun­desminister Hundstorfer: Ja, ja!)

Die Demographie spielt aber auch beim Jobangebot und bei den Jobs mit. Der heutige Mangel an Betreuungs- und Pflegepersonal wird sich zukünftig verstärken. In 30 bis 50 Jahren wird sich die Zahl der über 80-Jährigen verdreifachen, die Zahl der Pflege­bedürftigen verdoppeln. Das ist die Kehrseite unseres ausgezeichneten Gesundheits­systems. Derzeit werden in Österreich noch zirka 80 Prozent der Pflegebedürftigen – das haben wir auch schon gehört – zu Hause betreut; in Vorarlberg sind es zirka 90 Pro­zent. Da leisten die Familien wirklich großartige Arbeit; das muss man immer wieder betonen.

Aber wer übernimmt das in Zukunft, wenn die familiären Strukturen noch mehr ausei­nanderbrechen? – Natürlich professionelle Einrichtungen mit entsprechend ausgebilde­tem Personal. Aber das ist natürlich auch eine Frage der Kosten, wie ja heute auch schon angesprochen wurde. Können wir uns Pflegeleistungen in dieser ausgezeichne­ten Qualität und in diesem Umfang noch leisten? – Das ist eine Frage, die sich auch in Zukunft stellen wird.

Die Ausbildungsqualität sicherzustellen ist, wie ich meine, ein wesentlicher Punkt, den es zu berücksichtigen gilt.

Es braucht also auch eine Initiative im Bereich der Pflegeberufe, eine dringende Auf­wertung des Berufsbildes – ich komme jetzt nicht auf die Arbeitssituation zu sprechen, das wurde von Kollegin Kemperle sehr gut dargestellt – und auch eine Ausweitung bei den Berufsbildern der Altenpflege und -betreuung.

In Vorarlberg gibt es zum Beispiel ein AMS-Projekt, bei dem langzeitarbeitslose Frauen als Altenbetreuerinnen ausgebildet werden. Das ist auch eine Antwort auf die 24-Stun­den-Betreuung, die derzeit fast ausschließlich von Frauen aus ehemaligen Ostblocklän­dern angeboten wird. Sehr gut, das ist ein kleiner Schritt, aber es fehlt da natürlich das Volumen.

Kollege Podgorschek hat das ja schon angesprochen: Es geht auch um ein Umdenken im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung, die ja ausschließlich auf den diplomierten Bereich ausgerichtet ist. Bei einem Umbau dieses Systems zu einer mo­dularen Ausbildung wäre die Möglichkeit gegeben, dass es im ersten Jahr dieser Aus­bildung zu einem Berufsbild der AltenbetreuerIn oder PflegehelferIn kommt, nach zwei Jahren AltenfachpflegerIn und nach dem dritten Jahr dann eben die diplomierte Pfle­gerIn. Wenn nämlich jemand im ersten Jahr dieser Schule aussteigt, dann hat er über­haupt keine Ausbildung. So könnte er in diesem modularen System nach dem ersten Jahr bereits AltenbetreuerIn oder PflegehelferIn sein. Da spielt natürlich auch die Kom­petenz zwischen Bund, Ländern und Gemeinden eine Rolle, das ist klar, aber im Hin-


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