BundesratStenographisches Protokoll785. Sitzung / Seite 29

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verantwortungslos ist, darüber zu reden, Herr Finanzminister, ich glaube, man muss es tun. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

Doch, Sie haben gemeint, die ganze Welt schaut auf uns, die wir hier im Bundesrat reden, und dass es unter Umständen verantwortungslos sein könnte. Ich meine schon, dass das angesprochen werden muss, denn ich glaube, es sorgen andere dafür, dass der Euro die Stabilität verliert oder gewinnt, und nicht wir Kollegen, die wir hier über diese Thematik reden. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.)

Ich habe nicht gesagt, dass es marode Länder sind, ich habe nur gesagt, Griechenland könnten noch andere Länder folgen, einfach deshalb, weil wir mit dem Lissabon-Vertrag mit Artikel 122 schlicht und einfach die Verpflichtung eingegangen sind, dass wir dazu aufgefordert sind, diesen Ländern, wenn es ihnen schlecht geht, zu helfen. Das ist eine Verantwortung, die man mit dem Lissabon-Vertrag unterzeichnet hat, und wir haben gesehen, dass Europa und wir diesen Anforderungen kaum gewachsen sind. Ich hoffe daher, dass der Rettungsschirm, den wir gespannt haben, nicht zu viele Löcher hat, sodass die Steuergelder wahrscheinlich von diesen Ländern nie mehr zu uns zurückkommen werden, was die Bevölkerung natürlich nicht versteht. (Bundesrätin Zwazl: Das sind Haftungen!) Ich habe heute gerade auch vernommen, dass es sich um 15 Milliarden € Haftungen handelt. Ich war immer der Meinung, es wären nur 13 Milliarden €, aber so kann man sich täuschen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bun­desrätin Zwazl.) – Nein, das sind Haftungen, das ist mir klar.

Es könnte sein, dass man unter Umständen anderen Ländern helfen muss, und wenn Europa das von Österreich verlangt, dann werden wir allein vielleicht nicht die Stärke haben, zu sagen, dass wir nicht bezahlen.

Diese Hilfszahlungen überfordern auch die Bevölkerung der Nettozahlerländer total. Und es ist, wie gesagt, auch schade, dass die österreichische Bundesregierung – und da meine ich Sie und Ihren Kollegen, Herrn Faymann – als allererstes das Budget immer über die Einführung neuer beziehungsweise die Erhöhung bestehender Steuern sanieren möchte. Wir könnten doch auch einmal überlegen, Budgetsanierung durch ambitioniertes Sparen durchzuführen. Das haben Präsident Leitl, aber auch WIFO-Chef Karl Aiginger und Ex-Finanzminister Androsch aufgezeigt. Bei diesen könnten Sie sich informieren, denn die sind ja alle prominente Mitglieder der Regierungsparteien. Man könnte zum Beispiel über vernünftige Verwaltungsreformen beim Sparen an­setzen und so die Belastungspakete für jene, die ohnehin schon einen großen Beitrag für die Gesellschaft leisten, verringern.

Wir sind der Meinung, dass die Finanzierungslücke des Staates, die im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise entstanden ist, vorrangig ausgabenseitig bewältigt werden muss, und ein unentbehrliches Instrument dazu ist die Staats- und Verwaltungsreform. Die gegenwärtige Situation macht es erforderlich, neuerlich und mit Nachdruck eine nachhaltige Staats- und Verwaltungsreform einzumahnen. Es sind auch ohne Änderungen der Bundesverfassung wesentliche Reformschritte möglich.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einmal auf das Land Vorarlberg hinweisen, das immer wieder Initiativen für Reformen gesetzt hat, die auf Bundesebene allerdings nur zum Teil oder wie zuletzt in den Anträgen der Vorarlberger Bundesräte leider auch bei Ihnen, Herr Finanzminister Pröll, gar kein Gehör gefunden haben.

Herr Finanzminister, vielleicht überlegen Sie sich gemeinsam mit Herrn Faymann, die österreichische Bevölkerung nicht noch mehr zu belasten. Ein bisschen mehr Kreati­vität wäre da vielleicht gefragt. Kreativität wäre aber sofort gefragt und nicht erst aufgrund von Wahlen später im Herbst. Hoffentlich retten sich ÖVP und SPÖ über


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