BundesratStenographisches Protokoll785. Sitzung / Seite 65

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viel, viel früher im Bildungsbereich ansetzen – darum auch meine vorhergehende generelle Kritik betreffend das Bildungswesen in Österreich. (Bundesrat Perhab: Neun Jahre Pflichtschule ...!)

Im Speziellen und ganz besonders davon betroffen sind Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, die mit 15 Jahren von der Schule kommen, meistens kein gutes oder gebrochenes Deutsch sprechen, aber teilweise nicht einmal ihre eigene Mutter­sprache richtig können. Warum ist das so? – Weil wir bis dato teilweise keine zielgrup­penorientierten Fördermaßnahmen haben. Fördermaßnahmen für diese Zielgruppe würden bedeuten, dass man eben muttersprachlichen Unterricht anbietet, kleinere Klassen hat und volle Integration – und das alles in einem Schulbetrieb, der für alle offen und zugänglich ist, installiert.

Da müssen wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch massive Bemühungen und Anstrengungen tätigen, damit wir das in den Griff bekommen, denn das Erlernen der Muttersprache, auch die Schrift und die Grammatik, ist ja unter anderem ein Schlüssel zur Qualitätssteigerung. Was spricht dagegen, wenn man den Kindern als Fremdsprachenunterricht ihre Muttersprache anbietet? – Wenn man seine Mutter­sprache voll beherrscht, dann tut man sich ja auch leichter beim Erlernen einer Fremdsprache!

Wir haben viele Jugendliche gerade der zweiten und dritten Generation, die aus unterschiedlichen Ländern stammen – und gerade wir als Wirtschaftsstandort Öster­reich beackern ja auch unter anderem diese Märkte. Was liegt denn da näher als dass man diese potenziellen Facharbeitskräfte, die ja zweisprachig sind, mit guten Voraus­setzungen, Potenzialen ausstattet, um eben einerseits der Wirtschaft dienlich zu sein und andererseits eine qualitätsvolle Arbeit verrichten zu können? – Dieses Potenzial wird gegenwärtig viel zu wenig genützt. Da müssen wir uns alle gemeinsam anstren­gen, um die Rahmenbedingungen für die Schüler und Schülerinnen noch zu verbes­sern.

Wir werden, wie ich bereits erwähnt habe, dem Berufsausbildungsgesetz auf jeden Fall zustimmen. Die Änderungen, die anstehen, sind im Sinne der Auszubildenden getrof­fen worden – und schon alleine das verdient unsere Unterstützung.

Wenn ich mir den Verlauf der Bildungsdebatte ansehe, dann bin ich immer wieder darüber erstaunt, wie wenig es dabei um jene geht, die es eigentlich betrifft: um die Kinder und Jugendlichen. Es geht in der öffentlichen Wahrnehmung in der Diskussion meistens um die Arbeitsbedingungen der Lehrer oder um die Zuständigkeiten von Behörden oder um die Qualifizierung der Lehrenden – und die Kinder und SchülerIn­nen mit ihren Bedürfnissen kommen da meines Erachtens ein bisschen zu kurz.

Eines sollten wir uns vergegenwärtigen: Schulen und Ausbildungsstätten wurden primär für die Kinder und Schüler erfunden und errichtet, und nicht, damit man dort be­stimmte Gruppen mit Tätigkeiten ausstattet, damit es Parallelstrukturen gibt – wie zum Beispiel auf der Bezirksschulinspektorenebene – oder dass Lehrervertretungen, sobald irgendwelche Änderungen im Raum stehen, immer groß „Njet!“ schreien. Das ist nicht Sinn und Zweck der Sache!

Ich hoffe im Sinne unserer Schüler und Schülerinnen, dass wir in diesem Hause noch intensive und auch kontroversielle Debatten führen werden, um optimale Rahmen­bedingungen nicht nur für die Schulen, sondern auch für den zukünftigen Wirtschafts­standort Österreich vorzubereiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desräten von ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie des Bundesrates Zangerl.)

12.28

 


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