BundesratStenographisches Protokoll785. Sitzung / Seite 75

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sein: Jeder von uns ist temporär immer wieder Ausländer. Kaum verlässt er die Gren­zen, ist er dort, wo er sich als Gast befindet, Ausländer – und eben umgekehrt.

Das heißt also: Der Tourismus lädt ein, dass jeder auch aus seiner eigenen Erfahrung berichten kann. Das ist ungefähr so, Herr Kollege Tiefnig, wie bei den ÖBB: Jeder ist ein ÖBB-Fahrer und kann ellenlange Geschichten von schönen oder weniger schönen Erlebnissen erzählen. Insofern ist jeder Mensch ein Tourismusexperte, da er ja sich auch selbst auf den Weg macht.

Prinzipiell – da kann ich mich der Meinung meiner Vorrednerinnen und Vorredner anschließen (Bundesrat Kneifel: ... Sicht!) – zeigt der Bericht, dass der erwartete Einbruch durch die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht so stark war, wie ursprünglich befürchtet wurde. In der Kultur gibt es so ein Element, das heißt eine „verlorene Form“, und das ist etwas, was am Nervenkleid so vieler Hoteliers nagt, nämlich: Das Bett, das ich heute Nacht nicht verkauft habe, das kann ich nicht irgendwann nachholen, sondern das ist verloren. Diese eine Nacht, wo ich ein Bett nicht verkaufe, kann ich nicht aufholen (Heiterkeit bei Grünen und ÖVP), denn die Nacht ist vorbei und mein Angebot ist vorbei. (Bundesrat Kneifel: Weil die Nacht vorbei ist?!) Na psychologisch nagt das enorm am Nervenkleid von vielen Hoteliers. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Er bestreitet das? – Nein, das ist nicht zu bestreiten, denn die Nacht, die nicht verkauft wird, kann man nicht nachholen.

Interessant ist, weil der Berichtstitel auch das Wort „Freizeitwirtschaft“ in sich trägt, dass sich zum Beispiel internationale Ereignisse sehr wohl gegen eine Tendenz sozusagen bürsten lassen, wie zum Beispiel „Linz09“. Alle Städte haben höhere Verlustzahlen, weil Städtetourismus teurer ist, aber „Linz09“ schreibt ein Plus. Das zeigt auch, dass die internationale Öffnung und dass Initiativen, internationale Strö­mun­gen aufzunehmen, wichtig sind. Daher: Initiativen – vorher war es Graz, jetzt war es Linz – müssen eigentlich geradezu erfunden werden, um gegen die herrschende Konjunktur zu kämpfen. Deshalb halte ich auch immer dieses Herummosern an solchen Veranstaltungen für bedenklich, weil sie einfach auch langfristig Effekte nach sich ziehen.

Interessant ist, zwei Dinge auch zu beobachten: Nicht nur, dass der Städtetourismus teurer ist und in den ländlichen Regionen bei den Rückgängen doch eine Abbremsung da ist, sondern auch dass wir dieselbe Spanne natürlich auch beim Wintertourismus haben, der ein teurerer Tourismus ist und auch stärker betroffen ist.

Frau Kollegin Greiderer hat ein wichtiges Thema im Tourismusbereich angesprochen, als sie gefragt hat: Warum hält sich der Zustrom von Beschäftigten so in Grenzen? Das ist ja, glaube ich, eine der Branchen, wo wir geradezu hungern nach Lehrkräften.

Es sind auch zwei Phänomene, die hier zu beobachten sind: Zum einen sieht man, dass alte, traditionelle Familienbetriebe lieber an Ketten verkaufen, weil dann, wenn man über mehrere Generationen einen Familienbetrieb führt, bei den Nachkommen irgendwann die Lust, das in ähnlicher Weise zu machen, nämlich, Weihnachten, Silvester und andere Zeiten in die Betreuung von Gästen und nicht in die eigene familiäre Betreuung zu investieren, verlorengeht. Man übergibt das lieber einer großen Kette und macht selbst Urlaub. Das nimmt gerade dem österreichischen Tourismus ein bisschen etwas vom Herz. Das ist eine Entwicklung, wo man sagen muss: Das ist schade!

Warum kommen so wenig Beschäftigte? – Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Anforderungen, die Flexibilität, die Belastung und gleichzeitig die Entlohnung nicht miteinander übereinstimmen. Erst vor Kurzem hatte die Frauenministerin einen Frauenbericht präsentiert und berichtet, wie es nach 15 Jahren mit den Frauen­einkom­men ausschaut.

 


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