BundesratStenographisches Protokoll796. Sitzung / Seite 99

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Im Übrigen bringt diese Gesetzwerdung auch eine Reihe nicht unproblematischer orga­nisatorischer Schwierigkeiten mit sich, denn da heißt es zum Beispiel in der Richtlinie: Der Betroffene ist zu verständigen. – Jetzt frage ich mich: Wie ist er zu verständigen? Mit RSa- oder RSb-Brief, oder durch die Sicherheitsbehörden? Was ist, wenn er nicht anzutreffen ist? Wenn er untergetaucht ist, was durchaus nicht unwahrscheinlich ist?

Auch die Frage der Kosten wurde heute noch nicht angesprochen. Es fallen nach Aus­kunft von Mitarbeitern des Ludwig Boltzmann-Instituts Einrichtungskosten von etwa 15 ... (Bundesrat Kainz: Untergetaucht – war das ein Argument?) – Schauen Sie, wenn ich heute auf der Flucht bin, dann tauche ich offensichtlich unter! Und vermutlich ist er eben ... (Bundesrat Kainz: Und den willst du verteidigen?) – Nein, ich sage dir ja nur, was unter „untergetaucht“ zu verstehen ist. Seid mir nicht böse, das werdet ihr doch wissen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wer zahlt das, bitte? – Es entstehen Kosten in Höhe von 15 bis 20 Millionen € für die­ses Projekt – Einrichtungskosten, bestätigt vom Ludwig Boltzmann-Institut. Wer zahlt das? – Und das halte ich für das komplett Perverse – das kann ich euch nämlich auch sagen –: Jene Bürger, die man ausschnüffelt; genau die müssen dafür zahlen. Das ist in einer Größenordnung, die nicht vertretbar ist. Das kommt dazu. Aber alles unter dem Titel „Kampf gegen den Terrorismus“. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wo liegt der Nutzen? – Die Datenaufzeichnung ist notwendigerweise vergangenheitsbezogen. Das ist einmal so. Für die Zukunft kann man es ja nicht aufzeichnen, Gott sei Dank. Das heißt, man kann es lediglich für die Aufklärung von Verbrechen und Vergehen einsetzen. Aber wo ist der Nutzen der Ter­rorabwehr? Denn dafür führen wir es offensichtlich ein. Es wurde ja schon gesagt, der 11. September, Anschläge in Madrid und London.

Wo ist der Nutzen für die Aufklärung? – Jene Staaten, die diese Vorratsdatenspeiche­rung schon verwenden, sagen mittlerweile, dass sich ein Einfluss auf das Kriminalitäts­niveau einfach nicht errechnen lässt. In Deutschland waren es, glaube ich, 0,006 Pro­zent. Also der Nutzen ist auch nicht da! Dass man die Terroranschläge der Vergangen­heit dadurch hätte verhindern können, auch dieser Nutzen – das wurde heute auch schon gesagt – ist nicht gegeben.

Also wozu schafft man hier Stück für Stück den gläsernen Menschen? Alles nur im Kampf gegen den Terrorismus? – Wir können uns sicher sein – auch das möchte ich noch sagen –, dass das nicht das Ende der Fahnenstange ist. Es gibt mittlerweile – das wissen wir alle – eine Unzahl an öffentlich zugänglichen und nicht zugänglichen Daten­banken, Melderegister, Grundbuch, EKIS, Strafregister, Exekutionsregister, SWIFT-Ab­kommen, Weitergabe von Bankdaten, Fluggastdatenspeicherung.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz erwähnen, dass die Europäische Uni­on ein Forschungsprojekt, derzeit unter dem Titel „INDECT“, finanziert, das auch die Sicherheit garantieren soll. Dabei geht es um technische Überwachungsmethoden, die man bündeln und pauschal einsetzen will. Das geht so weit, dass man auch – unter Anführungszeichen – „abnormes“ Verhalten registrieren will, das heißt, wenn man auf der Straße läuft und sich abnorm verhält, soll das aufgezeichnet, registriert werden. Die Palette reicht hier von der Telefonüberwachung bis zum Einsatz von Drohnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das alles erinnert mich frappant an George Orwells Dystopie „1984“. Es geht hier um Bürgerrechte. Es geht um die Freiheit eines jeden Einzelnen von uns. Diese Rechte, diese Freiheiten müssen wir wahren und niemand kann uns Österreichern vorschreiben und dazu zwingen, dass wir Grundrechte, dass wir Bürgerrechte verletzen, nur um eine EU-Richtlinie umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

14.52

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite