BundesratStenographisches Protokoll797. Sitzung / Seite 74

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nichts anderes getan haben (Bundesrätin Mühlwerth: Was?) als das, was die FPÖ immer macht: am Watschenbaum der Neidgesellschaft Österreich zu rütteln. – Die einen kriegen das nicht, weil wir das dorthin schieben. – Das ist ein altes Spiel, aber es geht nicht auf. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Das geht nicht auf, und die Österreicher und Österreicherinnen beweisen Ihnen jähr­lich, dass dieses Spiel nicht aufgeht, denn jährlich wird zum Beispiel das Spenden­ergebnis der Dreikönigsaktion, das fast ausschließlich in die Entwicklungszusam­men­arbeit geht, getoppt. Sie pfeifen drauf, was die FPÖ sagt. Sie sehen ihre Verantwortung für eine internationale Solidarität (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), und dass es eine Welt nicht ohne die andere gibt, dass wir hier nicht in einem Staat leben, in dem wir eine Zwergenrepublik nach freiheitlichem Muster errichten – viele Wände, viel Stacheldraht um uns – und von der Welt nichts mitbekommen. (Bundes­rätin Mühlwerth: Das ist völliger Unfug! Was redest du da? Das stimmt ja alles nicht!)

Das ist Ihre Vorstellung (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist eine Unterstellung!), und das haben Sie, aber auch der Herr Krusche hier deutlich gemacht. (Bundesrätin Mühlwerth: Weder ich noch der Herr Krusche hat das gesagt!)

Wissen Sie eigentlich, was das für eine Beleidigung ist? Ich sehe da hinten zufällig – entschuldige, dass ich den Namen erwähne – einen Toni Mair, Entwicklungshelfer in Papua-Neuguinea, in Nicaragua, ich weiß nicht, wo auch immer. Wissen Sie überhaupt, was diese Leute leisten? – Und ausgerechnet Sie sagen das heute, 2011! 2011 – 50 Jahre österreichische personelle Entwicklungszusammenarbeit! Vor genau 50 Jahren sind eine Frau und drei Männer ausgereist. Das war übrigens noch so bedeutend, dass es am Südbahnhof eine Sendungsfeier gegeben hat. Sie wurden sogar von Papst Johannes XXIII. empfangen. Und dann sind die ersten vier Öster­reicher, eine Frau und drei Männer, ausgereist; nach Tansania übrigens. Und über 2 500 Österreicherinnen und Österreicher sind ihnen in diesen 50 Jahren gefolgt, in über 80 Staaten.

Weil ich heute hier so obskure Geschichten gehört habe, habe ich mir gerade die letzten drei Leute herausgesucht, die aus der Österreichischen Entwicklungs­zusam­menarbeit zurückgekehrt sind – es ist vielleicht gar nicht so schlecht, dass man die Namen von Personen auch in ein Stenographisches Protokoll aufnimmt –: Aus dem Burgenland: Anja Fischer, eine arrivierte Unternehmensberaterin. Sie war in Papua-Neuguinea und hat dort als arrivierte Unternehmensberaterin ein NGO-Netzwerk aufgebaut und unterstützt. Sie ist gerade zurückgekommen. – Stefan Bock aus Niederösterreich, ein Spezialist für IT-Technology und studierter Politikwissenschaftler. Er war in Nord-Uganda – für jene, die wissen: von marodierenden Soldaten und vom Bürgerkrieg schwer betroffen – und hat dort mobile Computerzentren mit Solarenergie, die zu kleinen Dienstleistungszentren wurden, nämlich für die kleinen Betriebe und für die ländliche Wirtschaft, aufgebaut. Das war österreichische Entwicklungs­zusam­men­arbeit! – Oder: Eine junge Frau, auch aus Niederösterreich, Gabriele Begusch. Auch sie kam erst kürzlich zurück aus Nicaragua. Sie hat ein Frauenhaus, nein, ich korrigiere mich, ein Mädchenhaus für vergewaltigte Mädchen aufgebaut.

Das sind die Dinge, die heute einer fetttriefenden, vorurteils- und hassorientierten Rede gegenüberstehen, und das ist die Realität. Und ich halte es hier mit dem Bun­despräsidenten und sage: Das, was ich wirklich am schlimmsten an diesen Budget­kürzungen finde, ist die Kürzung für die Entwicklungszusammenarbeit. – Das ist erstens ein Bruch der Millenniumsziele und zweitens ein Bruch unserer Verpflichtun­gen. Das sind Verpflichtungen! Das ist nicht nur ein Goodwill, sondern das sind Ver­pflich­tungen!

 


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