BundesratStenographisches Protokoll798. Sitzung / Seite 24

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

und denke, es gibt auch sehr viele andere, die geschieden sind. Man muss sich des­sen bewusst sein, welche Auswirkungen es für die Frau hat, zu Hause zu bleiben und auf eine eigene Karriere zu verzichten.

In der Pension dann kann ich nur darauf hoffen, dass mein ehemaliger Göttergatte so einsichtig ist und ihm klar ist, dass er mich mitversorgen muss, und dass er das auch tut. Das kann aber auch nicht der Fall sein. Ich meine, es ist schon ein gewisses Risiko damit verbunden, dessen sich viele junge Menschen nicht bewusst sind. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Meiner Meinung nach ist der möglichst rasche Wiedereinstieg ins Berufsleben auch insofern notwendig, als ja auch die Qualität der Jobs, die man dann noch bekommen kann, nicht die beste ist. Wenn ich zwei Kinder bekomme und jeweils vier Jahre zuhause bleibe, dann muss ich schon bedenken, welchen Job ich dann noch bekom­me. Das alles sind Dinge, die zu überlegen sind.

Es klingt natürlich schön, wenn die Entscheidung lautet: Ich bleibe zuhause bei den Kindern und habe sie für immer lieb! (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), und man soll ja auch zuhause bei den Kindern sein, aber das kann man auch dann, wenn man arbeiten geht. Ich finde es deshalb ein bisschen eigenartig, zu sagen, es sei so wichtig, dass die Kinder immer in der Familie sind, weil die Kinder das auch wollen, aber die Nebenwirkungen, die das hat, haben Sie, Frau Kollegin Mühl­werth, zu bedenken vergessen, fürchte ich.

Des Weiteren ist zu sagen, dass Kinderbetreuung ja nicht nur heißt, dass die Familien, die Eltern dadurch entlastet werden und dass sie arbeiten gehen können, sondern eine Betreuung im Kindergarten ist auch ganz wichtig für die Kinder. Das verpflichtende Kindergartenjahr ist eine ganz wichtige Errungenschaft, und ich meine, das sollte man auf gar keinen Fall in Frage stellen, denn für manche Kinder heißt das, dass sie zum ersten Mal soziale Kompetenzen erlernen, dass sie lernen, dass es außer ihnen auch noch andere Kinder auf der Welt gibt, und dass sie merken, dass sie andere Dinge auch noch zu lernen haben, und zwar, bevor sie in die Schule kommen.

Es geht nicht so sehr darum, ob man jetzt vor dem dritten Lebensjahr oder danach in den Kindergarten geht, sondern es geht darum, dass man dieses eine verpflichtende Kindergartenjahr auf gar keinen Fall in Frage stellt. Es sind nicht nur die sozialen Kompetenzen, sondern auch Sachkompetenzen, die man dort erlernt. Es gibt eben Dinge, die man in der Familie nicht erlernen kann.

In einer Stadtwohnung, bestenfalls in einer solchen mit Balkon, hat man wahrscheinlich zu manchen Dingen keinen Zugang, zu denen man im Kindergarten sehr wohl einen hat. Es gibt sehr viele Dinge, die man im Kindergarten lernen kann, wie etwa Sach­kompetenzen. Um diese zu erlernen, hat man vielleicht zuhause gar nicht die Chance, einfach aufgrund der Verhältnisse, in denen die Eltern wohnen und leben.

Da immer wieder ins Treffen geführt wird, dass es so wichtig ist, dass die Kinder die deutsche Sprache beherrschen: keine Frage! Aber ein Punkt, der leider in letzter Zeit wieder ein bisschen in Vergessenheit geraten ist, ist der Umstand, dass es für Migrationskinder das Problem gibt, dass sie die Muttersprache erst erlernen müssen, bevor sie die deutsche Sprache erlernen können. Da habe ich den Eindruck, dass diese Erkenntnis in den letzten Jahren wieder ein bisschen zurückgedrängt worden ist. Ich meine, das sollte man sozusagen wiederbeleben, indem auch in den Kindergärten eine muttersprachliche Ansprache möglich ist, also jemand da ist, mit dem man sich muttersprachlich austauschen kann.

Prinzipiell ist der Ausbau der Kinderbetreuung in den letzten Jahren wirklich spürbar. Quantitativ gibt es zwar eine Verbesserung, aber qualitativ gibt es, wie der Herr


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite