Da müsste man nahezu zum Bannerträger von Papandreou werden, denn er hat jetzt Dinge umzusetzen, vor denen so manche Verwaltungs- und Verfassungsreform, die wir in Österreich haben wollen, wahrlich klein ist.
Aber: Warum ist das so spannend? – Unsere Verfassung aus dem Jahre 1920 ist die älteste demokratische Verfassung in Europa. Österreich ist nicht als zentraler Staat gegründet worden, den man dann in neun Verwaltungseinheiten, sprich Länder, aufgeteilt hat, sondern Österreich ist der Wille, der gemeinsame Wille von neun Ländern, das heißt: Österreich ist ein Gliedstaat und der Zement, wenn wir schon bei der Ziegelindustrie sind, dass dieser Gliedstaat funktioniert, ist ein hohes Gut. Dieses heißt Föderalismus.
Dieser Föderalismus darf aber nicht zum Bremsklotz werden, sondern kann ein Motor sein. So, wie wir Menschenrechte dynamisch diskutieren, wie wir seit den Erklärungen der Französischen Revolution und von Virginia die Bürger- und Bürgerinnenrechte und die Freiheits- und Grundrechte bewahren, schützen müssen, so ist natürlich auch die Verfassung kein statisches Produkt, sondern sie ist einer Modernität unterworfen.
Erinnern wir uns: So manches aus dem Familienrecht, aus dem Eherecht, das noch vor 30 Jahren gegolten hat – zum Beispiel die Folgepflicht der Frau, das Nichtkennen der einvernehmlichen Scheidung, das Namensrecht –, hat sich in den Grundzügen verändert. Und so muss es natürlich auch in der Verwaltung sein. Der Föderalismus, neu gedacht, modern gedacht bedeutet Bürger- und Bürgerinnennähe, bedeutet eine Form von Effizienz und Kostensteigerung.
Derzeit, wenn wir Föderalismus und Verwaltung nicht modern denken, ist es extrem teuer. Das ist vielleicht ein Grund – an Jennifer Kickert –, warum wir das jetzt hier diskutieren und warum ich mich dagegen wehre, dass man sagt, das, was der Konvent und die nachfolgende Experten- und Expertinnengruppe erarbeitet habe, sei historische Literatur. Es ist und war die größte, umfassendste Verfassungsanalyse Österreichs, erarbeitet in fast zwei Jahren in zehn Ausschüssen. Es waren auch viele aus unserer Reihe dabei: Herwig Hösele, Jürgen Weiss, Albrecht Konecny und Peter Böhm, um nur einige davon zu nennen. Wenn wir Föderalismus neu denken und dieses kleine Puzzle zu verändern beginnen, bedarf es dieser größten und umfangreichsten Verfassungsanalyse.
Ich habe nachgeschaut, die Initiative des Bundesrates die Gemeindekooperationen betreffend war genau Punkt 1 der Forderungen der Städte und Gemeinden an den Konvent. Wir sind hier in der Weihehalle des Föderalismus, und auch die Weihehalle des Föderalismus darf sozusagen nicht auf beiden Augen blind sein, und auch Kollege Kneifel hat gesagt, er nehme die Länder in die Pflicht. Viele Probleme in der Verwaltung und im Finanzsystem haben die Länder auch auf die Gemeinden, auf die Kommunen abgewälzt, diese Transferzahlungen zum Beispiel.
Wir haben eine Neuverschuldung der Gemeinden von über 60 Prozent. Die Gemeinden sind nahezu handlungsunfähig, und überhaupt ist es völlig intransparent, was mit diesen Transferzahlungen passiert. Die Gemeinden sind sozusagen nicht Teil, nicht Partner, und deshalb ist es ganz wichtig, wenn wir das weiterdenken, dass wir die drei Ebenen in eine Partnerschaft bringen: den Bund, die Länder und die Kommunen – in eine echte Partnerschaft. Eine echte Partnerschaft heißt, dass wir die Gemeinden in einen Konsultationsmechanismus aufnehmen, in eine Partnerschaft heben, dass sie eine Mit-Unterzeichnungsfähigkeit bekommen, denn gerade die europäische Ebene verlangt ja immer mehr Leistungen und mehr Partizipation der Gemeinden – und da ist den Ländern dann das Hemd näher als der Rock.
Ich glaube, eine der ganz wichtigen, zentralen Forderungen, wenn wir beim Thema Konventsbericht sind, ist etwas, das wir im EU-Ausschuss erst vor Kurzem diskutiert
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